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Neue Solidarität

Gallery Weekend Berlin: Trotz Pandemie und kaltem Wetter The Show Goes On

Installationsansicht von Rebecca Horn, „Bee’s Planetary Map“ Foto: Galerie Thomas Schulte

Von Brigitte Werneburg

Im April vor genau dreißig Jahren eröffnete Thomas Schulte seine Galerie in der Berliner Mommsenstraße mit dem „Chor der Heuschrecken“, einer aus 33 per Elektromotor in Betrieb gesetzten Schreibmaschinen bestehenden Installation von Rebecca Horn. Da lag es natürlich nahe, jetzt beim Gallery Weekend dieses Jubiläum mit der Künstlerin zu feiern. Inzwischen hat die Galerie ihre Räume schon lange in der Charlottenstraße, wobei sich ein Raum an der Ecke zur Leipziger Straße über zwei Stockwerke, also neun Meter, in die Höhe reckt. Dort ist jetzt „Der Turm der Namenlosen“ von 1994 zu sehen. In die Pyramide aus simplen Holzleitern sind Geigen montiert, die abwechselnd krächzende Tonfolgen spielen. Das Werk entstand wie auch „The Bee’s Planetary Map“ – 15 umgedrehte Bienenkörbe, aus denen Licht auf einen darunter angebrachten beweglichen Spiegel fällt, begleitet vom eindringlichen Summen eines Bienenschwarms und dem Geräusch zerbrechenden Glases – unter dem Eindruck des Kriegs in Ex-Jugoslawien und der folgenden Fluchtbewegung.

Unter den kleineren Arbeiten, die aktuell entstanden sind, fallen vor allem zwei kinetische Arbeiten mit Meeresschnecken auf, die sich, so scheint es, berühren wollen, sich aber immer knapp verfehlen. Allerdings glaubt man, darin eine besonders zärtliche Weise der Kommunikation zu erkennen.

Das liegt, wie auch anders, an der gegenwärtigen Situation, die uns das schwierige Kunststück abverlangt, intime, herzliche Gesten zu entwickeln, die sich auch auf die Distanz vermitteln. Trotzdem trifft uns das Bild einer direkten Berührung umso mehr: etwa das der jungen Frau, die sich an ihren Hund geschmiegt hat. Zusammen liegen sie da, Frauenhaar und Hundefell ununterscheidbar ineinandergeflossen. Tim Eitel reagiert bei Eigen + Art im zweiten Kapitel seines „Vie imaginaire“ ganz offenkundig auf die Pandemie, in der Orte der Nähe, des körperlichen Kontakts zu heterotopischen Räumen werden. Was die feine Bruchlinie noch einmal mit Bedeutung auflädt, die Eitels Gemälde durchzieht und die eine oder andere Gestalt in sich verschoben zeigt. Mit ihr markiert der Künstler die Grenze zwischen malerischem und motivischem Raum, wobei sich im malerischen Raum der wirkliche, gesellschaftlich wirksame Ort findet.

Das Wetter ist kalt und grau an diesem Wochenende, als wolle es signalisieren, nichts ist gut, entspannt euch bloß noch nicht. Und dazu trägt auch das Prozedere von Ausweis und Negativtest herzeigen sowie die Anwesenheit mit Uhrzeit in die entsprechende Liste eintragen bestimmt nicht bei. Nach einem Jahr ohne Kunstmessen, internationale Sammler und oft genug ganz ohne Publikum sind die Ga­le­ris­ti­n*­in­nen doch erstaunlich gefasst. Sie haben ihre Fähigkeiten ausgebaut, Kunst durchaus adäquat online zu präsentieren und zu verkaufen. Die Videoplattformen und Online Viewing Rooms, die eingerichtet wurden, werden nach Corona nicht verschwinden. Sie werden ganz sicher ein wichtiges Instrument bleiben, um weitergehende Informationen und spezifische, detaillierte Einblicke in das Werk der Künst­le­r:in­nen zu vermitteln.

Die Pandemie hat vor allem die Künst­le­r*in­nen getroffen, deren Ausstellungen überwiegend abgesagt werden mussten. Gleichzeitig bedeutete die Ruhe, die zwangsweise in den Kunstbetrieb eingekehrt ist, für sie auch die Möglichkeit konzentrierten Arbeitens wie es sonst undenkbar ist. Analog dazu berichten Galeristen und Galeristinnen, dass sich der Kontakt zu ihren Samm­le­r:in­nen intensivierte, wie auch in neuer Solidarität zu ihren Kol­le­g:in­nen.

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