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Korruptionsverdacht bei GrammysDas bisschen Symbolpolitik

Undurchsichtige Entscheidungen und Doppelmoral: Die Kritik an den Grammy Awards wird lauter. Nun wurden auch noch sinkende Einschaltquoten publik.

R&B-Star The Weeknd, hier bei einem Auftritt in Berlin 2018, will die Grammys zukünftig boykottieren Foto: Jens Kalaene/dpa

Schon lange vor der eigentlichen Preisverleihung hagelte es Kritik. Als dann in der Nacht auf Sonntag zum 63. Mal die Grammy Awards in Los Angeles verliehen wurden, wurde es ernst. Der kanadische R&B-Star The Weeknd kündigte an, den hochdotierten Wettbewerb der US-Musikindustrie in Zukunft zu boykottieren. Begründung: Seine immens erfolgreiche Single „Blinding Lights“ sei von dem „korrupten Komitee“ gar nicht erst nominiert worden. Keinesfalls Verschwörungsgehabe eines schlechten Verlierers: Negative Presse bekommen die Grammys schon, seit die Preisverleihung 1959 ins Leben gerufen wurde.

Die zwei Hauptkritikpunkte: Das intransparente, nicht etwa von einer unparteiischen Jury, sondern direkt von anonymen Entscheidern der Musikindustrie bestimmte Auswahlverfahren und rassistische Vorurteile bei der Auswahl der Künstler:Innen.

Die Grammy-Organisation gab sich dieses Mal erkennbar mehr Mühe, so wenig kontrovers wie möglich zu erscheinen – was sich auch an den bisherigen erstaunlich ehrfürchtigen Reaktionen der Presse zeigt. Obwohl mit „Folklore“ erneut ein Werk der US-Sängerin Taylor Swift zum „Album des Jahres“ gekürt wurde. Man vermisst bei den Preisgekrönten die aufregenden Unbekannten, wie sie etwa beim britischen Mercury-Preis immer wieder aus dem Hut gezaubert werden. Immerhin, ein großer Teil der Prämierten war weiblich, in der Kategorie „Best Rock Performance“ waren sogar ausschließlich Künstlerinnen nominiert.

Generalverdacht Rassismus

Außerdem gab, möglicherweise um dem Vorwurf von Rassismus entgegenzutreten, der Rapper Lil Baby mit seiner Black-Lives-Matter-Hymne „The Bigger Picture“ ein Intermezzo. So weit, so durchsichtig: Einerseits schmückt sich die Veranstaltung mit einer politischen Agenda, andererseits ging Lil Babys Song bei der Preisverleihung leer aus.

Auch diese Doppelmoral hat Methode: Im #MeToo-Jahr 2018 schmückten sich die Grammys mit einer Performance der Pop-Künstlerin Kesha. Damals warf sie ihrem Produzenten Dr. Luke vor, sie sexuell missbraucht zu haben. 2021 wurde Dr. Luke für seine Arbeit an Doja Cats Single „Say So“ nominiert, als sei nie etwas gewesen.

Den performativen Aktivismus, wie er von Black Lives Matter getragen wird, setzt die US-Musikindustrie für sich ein, um ein bisschen Symbolpolitik zu machen, und sie kann damit auch Geld verdienen – schließlich sorgt ein Grammy-Gewinn für steigernde Verkaufszahlen. Auch The Weeknd kann sich seinen Boykott übrigens leisten, trotzdem hat er damit nicht unrecht.

Bisher prallte jedwede Kritik an den Grammys ab – was bislang auch an den hohen Einschaltquoten lag. 2021 sind diese Quoten katastrophal eingebrochen: Nur noch 8,8 Millionen Zu­schaue­r:In­nen schalteten ein, 10 Millio­nen weniger als im Vorjahr – so wenige wie noch nie zuvor. Vielleicht wird es 2022 ja doch interessanter.

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