: Entschädigen statt ansiedeln
ABFALLENTSORGUNG Rot-Grün will ein Zwischenlager für Müll in Hemelingen um jeden Preis stoppen. Alle Bebauungspläne sollen jetzt auf den Prüfstand
2011 sorgte ein Beton-Schredder für Streit, den eine Entsorgungsfirma am Waller Feldmarksee aufstellen wollte. Auch damals wurde als Reaktion ein neuer Bebauungsplan aufgestellt und eine „Veränderungssperre“ verhängt.
■ Das Verwaltungsgericht stellte dazu jedoch fest: „Eine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus.“ Dieses Motiv sei zwar „legitim“, setze jedoch voraus, dass die Gemeinde bereits ein „positives Planungsziel“ verfolge. Das aber war „nicht einmal in Grundzügen“ ersichtlich (AZ 5 V 936/11). Die Anlage wurde am Ende trotzdem nicht gebaut.
Teuer zu stehen kommen könnte Bremen der Versuch, ein umstrittenes Abfallzwischenlager in Hemelingen zu stoppen.
Am Donnerstag soll die Baudeputation beschließen, dass für das Gelände an der Funkschneise ein neuer Bebauungsplan aufgestellt und zugleich eine „Veränderungssperre“ verhängt wird. Die soll verhindern, dass die Firma „Pro Entsorga“ aus Hambergen dort Farben, Lacke, Lösemittel oder ölhaltige Abfälle lagern kann. Unternehmenschef Mohammed Zakaria, dem nach eigenen Angaben eine Genehmigung bereits in Aussicht gestellt worden war, droht nun mit Klage. Den entstandenen Schaden beziffert er bislang auf rund 400.000 Euro – Tendenz steigend. „Das werden wir geltend machen“, so Zakaria. Das 14.000 Quadratmeter große Gelände, auf dem das Mülllager entstehen sollte, sei für ihn derzeit „in keiner Weise“ mehr zu nutzen. Seiner Firma drohe sogar die Pleite.
Der Antrag von SPD und Grünen spricht denn auch davon, dass Entschädigungszahlungen nicht ausgeschlossen werden könnten. Gleichwohl sind sich die Koalitionspolitiker einig, dass die Ansiedlung von Pro Entsorga in Hemelingen verhindert werden müsse – da in unmittelbarer Nähe Menschen wohnen, weil gleich in der Nähe eine Grundschule, ein Kindergarten steht. Die Hemelinger kämpfen seit Monaten gegen das Projekt, vergleichen es mit dem maroden Atommülllager Asse. Nun reagiert die Landespolitik auf die heftigen Proteste vor Ort.
„Wir halten die Befürchtungen der Menschen für berechtigt“, sagt die grüne Umweltpolitikerin Maike Schaefer. Die klagen schon heute über Lärm und Gewerbe im Stadtteil. Und sorgen sich, dass bei einem Unfall oder Brand im Zwischenlager „eine ernsthafte Gefährdung für alle Anlieger besteht“, so SPD-Umweltpolitiker Arno Gottschalk.
Zakaria hält diese Ängste für nachvollziehbar, aber unbegründet. Er verweist auf Kontrollen und Überwachungssysteme, darauf, dass er die Liste von Gefahrstoffen, die in der Funkschneise lagern sollen, nach den Debatten „stark reduziert“ habe.
„Wir werden alle Möglichkeiten ausschöpfen, die Ansiedlung abzuwenden“, sagt Schaefer gleichwohl. Ferner wollen die rot-grünen Umweltpolitiker alle Bebauungspläne in Bremen auf mögliche Konflikte zwischen Wohnen und Gewerbe prüfen lassen. Diese sollen dann von vornherein durch entsprechende Beschränkungen zugunsten der Anlieger „rechtssicher“ ausgeschlossen werden. mnz
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