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Wahlen bei Online-FachkonferenzBayern dominieren Endlagersuche

Mobilisierung und Wahlabsprachen machen's möglich: Landkreise aus Franken sichern sich viel Einfluss auf das Sucherverfahren fürs Atommülllager

Hat zumindest im Landkreis Wunsiedel funktionert: Werbung für die Mitwirkung bei der Endlagersuche Foto: Arnulf Hettrich/imago

Berlin taz | Ein Atommüll-Endlager in Bayern? Das kommt aus Sicht der dort regierenden Parteien nicht in Frage. „Wir sind überzeugt, dass Bayern kein geeigneter Standort für ein Atomendlager ist“, heißt es im Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern. Die für die Suche zuständige Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) sieht das allerdings anders: In ihrem Zwischenbericht vom vergangenen September erklärte sie weite Teile Bayerns für potenziell geeignet für ein Endlager.

Beim weiteren Suchprozess wollen die bayerischen Kommunen darum offenbar nichts dem Zufall überlassen. Bei der sogenannten Fachkonferenz Teilgebiete, auf der am Wochenende online über den weiteren Prozess der Endlagersuche diskutiert wurde, sicherten sie sich darum durch Absprachen und gezielte Mobilisierung zu den Wahlen viel Einfluss auf das weitere Verfahren. Das belegen E-Mails und Whatsapp-Nachrichten, die der taz vorliegen.

Besonders aktiv zeigte sich die Region Oberfranken, die im Vorfeld eine eigene Koordinierungsstelle für die Kommunen eingerichtet hatte. „Um ggfs. oberfränkische Interessen einbringen zu können, muss Oberfranken mit einer ausreichend hohen Stimmenzahl bei der Fachkonferenz vertreten sein“, schrieb diese Mitte Januar an alle Kommunen. Sie formulierte dabei den Wunsch, dass sich aus jedem Kreis 20 Ver­tre­te­r*in­nen bereit erklären, an der Konferenz teilzunehmen – „im direkten Austausch mit der Koordinierungsstelle, z.B. über eine dafür eingerichteten Chat oder eine What's App Gruppe“; über diese sollten beispielsweise „Abstimmungen vorbesprochen werden“.

Tatsächlich wurden per Kurznachricht dann genaue Anweisungen gegeben, wer ins Vorbereitungsgremium der nächsten Konferenz gewählt werden soll – und wer besser nicht. Das hatte Erfolg: Im zwölfköpfigen Gremium, das darüber entscheiden wird, welche Themen in Vorträgen und Arbeitsgruppen der nächsten Konferenzen bearbeitet werden, sitzen vier Ver­tre­te­r*in­nen aus Bayern, darunter allein drei aus dem Landkreis Wunsiedel, in dem die Koordinierungsstelle angesiedelt ist: eine Landkreis-Mitarbeiterin als Bürgerin, ein im Landratsamt tätiger Naturparkgeschäftsführer als Vertreter gesellschaftlicher Organisationen und eine Bürgermeisterin als Kommunalvertreterin.

Der Leiter der Koordinationsstelle, Andreas Peterek, betätigte, dass im Vorfeld um Kandidaturen geworben wurde. Dass der Landkreis gleich dreimal im Gremium vertreten ist, sei aber eine Folge des „bundesweit nur geringen Interesses, sich dieser Aufgabe zu stellen“. Sowohl bei den kommunalen Ver­tre­te­r*in­nen als auch bei den Bür­ge­r*in­nen gab es allerdings mehr Kan­di­ta­t*in­nen als Plätze.

Welche Ziele die Ver­tre­te­r*in­nen dort verfolgen dürften, zeigt eine Fragenliste, die die Bayern für die Konferenz am Wochenende vorbereitet hatten. Darin geht es vor allem um Zweifel an der Eignung der Granitgesteine in Bayern, etwa warum „möglicherweise entscheidungsrelevante Daten […] nicht berücksichtigt wurden“. Zudem wird aus Bayern der Ausschluss des Salzstocks Gorleben als Endlager infrage gestellt und nach fachlichen Gutachten dazu gefragt. Zweifel am Ausschluss von Gorleben hat auch die Bundesgesellschaft für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). In einer Stellungnahme im Vorfeld der Konferenz hatte sie die Anwendung der Kriterien als „nicht nachvollziehbar“ bezeichnet.

Zur Online-Fachkonferenz hatten sich nach Angaben des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) über 1.600 Menschen angemeldet, rund ein Viertel davon aus Bayern. Tatsächlich teilgenommen haben die meiste Zeit rund 700 Menschen gleichzeitig. Neben Erläuterungen und Nachfragen zum Zwischenbericht, den die BGE im September vorgestellt hatte, ging es auch um den weiteren Beteiligungsprozess, für den bisher zwei weitere Konferenzen geplant sind.

Lob und Kritik für Online-Konferenz

Die Teil­neh­me­r*in­nen forderten in einem Antrag, dass diese Folgekonferenzen statt im April und Juni im Juni und August stattfinden – auch in der Hoffnung, dass sie dann nicht nur online stattfinden müssen. Denn während BASE-Sprecher Christoph Hamann sagte, auch die reine Online-Konferenz habe „Ansprüche an eine moderne Beteiligung“ erfüllt, gab es auch Kritik.

Es sei „klar geworden, dass ein rein digitales Format nicht dazu geeignet ist, zu intervenieren, Stimmen und Stimmungen aufzugreifen“, erklärte Wolfgang Ehmke von der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg. Zudem wurde gefordert, dass der Beteiligungsprozess, anders als bisher vorgesehen, nach den Konferenzen fortgesetzt wird. Über den Umgang mit diesen Anträgen wird das BASE mit dem Umweltministerium und der BGE beraten.

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7 Kommentare

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  • Find ich nicht im Geringsten verwerflich, wenn sich Bürger und Bürgervertreter organisieren, um ein Endlager vor der eigenen Haustüre abzuwenden. Der Landkreis Wunsiedel liegt im Fichtelgebirge, eine wunderbare Urlaubsregion im Sommer und im Winter, wer will da noch hin, wenn alles verstrahlt ist?

    • @Katrina:

      Warum gehen Sie bei einer unterirdischen Lagerung davon aus, dass "alles' verstrahlt ist?



      Was ist aus Ihrer Sicht in messbaren Dimensionen "alles"? Das gesamte Fichtelgebirge, der ganze Regierungsbezirk Oberfranken, ganz Bayern?



      Bitte seien Sie bei einem Besuch des Fichtelgebirges entsprechend vorsichtig, denn auch ohne ein Endlager setzen Sie sich in dem dortigen Granitgebiet einer erhöhten Hintergrundstrahlung aus. Ganz vorsichtigen Hypochondern sei ein Personendosimeter beim dortigen Urlaub ans Herz gelegt (Ironie aus).



      Nur so am Rande: Ich kenne das Fichtelgebirge gut, war dort zum Klettern und Wandern, aber auch zum Mineraliensammeln. Mit etwas Glück findet man dort schöne Mineralieb in den dortigen Pegmatiten, und u.a. auch Uranmineralien (z.B. Autunit).



      Und natürlich ist es legitim, gegen ein Endlager zu protestieren.



      Vorgabe bei der Endlagersuche war: die Festlegung soll nach wissenschaftlichen und nicht nach politischen Motiven erfolgen., und eine dünner besiedelte Region wird daher stets eher in Frage kommen.



      Ich wohne im eher wenig dicht besiedelten Norden von Ba.-Wü. und war ebenfalls vom Zwischenergebnis der BGE überrascht, weil ich unsere Muschelkalk-Region eher ausschloss - von wegen: in wenigen 100-en Metern steht geeignetes Grundgebirge des Saxothuringium bzw. Moldanubikum an.



      Irgendeine deutsche, dünn besiedelte Region wird es am Ende wohl treffen, denn der Müll muss national gelagert werden, ein Export ist nicht zulässig. Unbequem, aber es ist nun mal so, der Müll ist da und in den Zwischenlagern bei den AKWS deutlich weniger sicher gelagert.

  • Und wenn wir dann ein Endlager in Bayern haben, schlage ich als Namen vor: Alpenfestung :-)

  • Supi, Bayern hat keinen Bock auf seinen Dreck vor der eigenen Haustüre und Bremen hat mal wieder keine Kohle und keine Lobby...genau so hatte ich mir das vorgestellt...



    Und die Bremer sollen auch noch dankbar sein, wie der „Weidedammer“ hier weiter unten, für die eventuell in Aussicht gestellten mehr oder weniger verstrahlten „Arbeitsplätze“. Im übrigen erfolgt die Vergabe von Projekten im Energiesektor (mindestens) EU-weit, das vermeintlich „günstigste“ Angebot gewinnt. Die Auswirkungen für den regionalen Arbeitsmarkt dürften sich wohl eher marginal gestalten...



    Das macht mich alles ziemlich zornig!

  • I'm ersten Atomgesetz unter F.J.Strauss steht: Keinerlei Bewilligungen solange es keine Endlagerung gibt!

  • Das beweist nur, dass andere Bundesländer/Regionen dieses Verfahren immer noch nicht ernst nehmen. Immerhin hätten sie sich genau so verhalten können.



    Andererseits: Irgendwo muss das Zeug verbuddelt werden. Als Bremer würde ich begrüßen, wenn das Endlager nach Bremen/Bremerhaven bzw. in unmittelbarer Nähe kommt. Der Bau schafft über viele Jahre viele gut bezahlte Arbeitsplätze. Das anschließende Einbringen des Atommülls erst recht.



    Jetzt ist ein Teil des hochradioaktiven Mülls in ein kaum gesichertes Zwischenlager im Kernkraftwerk Unterweser zwischen Bremen und Bremerhaven eingelagert. wir haben das Zeugs sowieso schon vor der Tür, nur noch viel unsicherer gelagert.

    • @weidedammer:

      außerdem geht von einem guten Endlager ja quasi ein Null-Risiko aus. Also warum sollte man das nicht wollen? - Vollkommen richtig. Eigentlich müsste es jeder wollen.