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berliner szenenMit Nietzsche am Parkplatz

Ende Dezember hatte ich in einem Anfall von Panik („Die machen alle Läden zu!“) FFP2-Masken bestellt. Vor allem, weil, da ja noch der schulische Präsenzunterricht im Raum stand, der angeblich ab dem 10. Januar wieder aufgenommen werden sollte. Mittlerweile ist das zum Glück vom Tisch, sogar die Leute von der Kultusministerkonferenz haben – scheint es – begriffen, dass diese Pandemie keinen Bogen um Klassenräume macht.

Egal, die Masken waren bereits bestellt und zwar bei einem benachbarten Elek­tronikmarkt im Wedding. Ich hatte schon einen Abholtermin. Dann kam gleich am nächsten Tag eine Erinnerungsmail. Wie ich das hasse! Als wäre man völlig verpeilt und könne sich nichts mehr alleine merken. Aus Trotz fahre ich erst ein paar Tage später hin. Am Haupteingang steht: „Sie können Ihre vorbestellte Ware an der Ausgabe hinter dem Markt abholen.“ Ich folge den Pfeilen und komme zu einem großen Parkplatz. Etwa 15 Menschen, allein oder zu zweit, ausnahmslos mit Gesichtsmaske, stehen im vorgeschriebenen Zwei-Meter-Abstand in der Schlange. Die Sonne scheint, ich habe Zeit und stelle mich an. Nach ­einer Weile werde ich dann auf ein merkwürdiges Geräusch aufmerksam. In einem Baum sitzen Krähen, die hin und wieder laut krächzend über dem Parkplatz ihre Runden drehen. Sonst ist es ganz still.

Sicher 30 Minuten stehe ich dort an. Jeder zweite Kunde geht mit einem großen Flachbildschirm vom Parkplatz. Man hört nur die Vögel. Und plötzlich fällt mir das Gedicht von Nietzsche ein, das ich zu Schulzeiten einst auswendig lernen musste: „Die Krähen schrei’n / Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt: / Bald wird es schnei’n – / Wohl dem, der jetzt noch – Heimat hat!“ – „Wohl dem, der einen Bildschirm hat“, hieße das dann heute wohl. Gaby Coldewey

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