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Umweltverband BUND wird 30

Hochzeit waren die 80er-Jahre mit dem Kampf gegen AKWs. Seit 1998 fehlt der Feind

BERLIN taz ■ Ein bisschen dürfte er sich freuen, wenn Angela Merkel Kanzlerin wird. Gegen die CDU-Frau könnte er sich endlich wieder profilieren – im erbitterten Streit um Atomkraft, Gentechnik, Zukunft der Landwirtschaft. Er, das ist der Bund für Umwelt und Naturschutz, der BUND. Heute wird er dreißig.

Sonst ist es still geworden um den Umweltverband. Dabei ist er einer der größten Deutschlands: 2.000 Kreis- und Ortsgruppen schleppen Kröten über die Straße oder schützen den Biber. Der Krach und der Wal gehören zu Greenpeace, die Reichen und der Panda zum WWF. Das Engagement des BUND ist grundsolide.

Früher einmal ging es um große Politik. Mitte der Siebzigerjahre gerieten die Umweltstreiter in den Ruf von Staatsfeinden. Der Protest gegen AKWs in Brokdorf und Whyl hat den BUND groß gemacht. Der Generalbevollmächtigte der RWE befand, der Atomstreit werde „zum Kampf zwischen denen, die diesen Staat tragen, und seinen Gegnern“. Die politische Konfrontation war gewollt. „Die Zeit des Schmusekurses ist vorbei“, sagte Hubert Weinzierl, als er 1975 den BUND mitgründete. Die Idee zur ersten kritischen Bundesumweltorganisation hatte ein Männerclub. Darunter Bernhard Grzimek, berühmt durch das Buch „Die Serengeti darf nicht sterben“. Frauen rückten zehn Jahre später in den Vorstand.

Das war zur Hochzeit des BUND. Mitte der Achtzigerjahre wurde der Kampf gegen die Atomkraft zur ökosozialen Bewegung, aus der sich die Grünen gründeten. Das Szenario einer Ökokatastrophe mobilisierte, allerdings nur bis zur Wiedervereinigung. Danach machte vor allem die Vision, der Standort Deutschland könne untergehen, Angst. „Die satten Zeiten sind vorbei“, resümierte der damalige BUND-Chef Weinzierl 1992.

Immerhin setzte sich der Umweltschutz in der Politik fest – zumal als Rot-Grün 1998 an die Macht kam. Nur ging der Feind verloren. Die heutige BUND-Chefin Angela Zahrnt sitzt im Nachhaltigkeitsrat der Regierung. Zum Jubiläum gratulieren die Grünen Reinhard Bütikofer und Claudia Roth: „Wir waren zusammen in der Vergangenheit immer dann besonders erfolgreich, wenn wir Bündnisse geschlossen haben.“ Doch Regierungsnähe ist weniger publikumswirksam als die einstigen Kampagnen. So stagnieren die BUND-Mitgliedszahlen seit Jahren bei 400.000. Das soll sich ändern. Zum Jubiläum wirbt der BUND im Retro-Stil: Für alle, die jetzt Mitglied werden, gibt es Pflanz- und Rank-Gutscheine.

HANNA GERSMANN

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