Waffenarsenal aufgedeckt

In Österreich haben Ermittler bei Razzien Schusswaffen, Sprengstoff und über 100.000 Schuss Munition entdeckt. Gedacht waren die Waffen für Rechtsextreme in Deutschland, die eine Miliz aufbauen wollten

Die Waffen, so suggeriert die bunte Mischung, müssen einzeln gekauft worden sein

Aus Wien Ralf Leonhard

Sturmgewehre, Pistolen, Handgranaten, Sprengstoff – das ist die Beute mehrerer Razzien, die die österreichische Polizei am Samstag der Presse präsentierte. Darunter befanden sich das von der österreichischen Armee verwendete Stg-77 von Steyr, israelische Uzi, AK47 (Kalaschnikow) und tschechische Skorpion-MPs. Neben Sturmgewehren unterschiedlicher Herkunft und Marke, sowie Pistolen und Revolver verschiedener Bauarten. Auch ein Buschmesser und Stahlhelme der Wehrmacht waren dabei.

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) sprach von über 70 automatischen und halbautomatischen Schusswaffen sowie über 100.000 Schuss Munition, die seit Mittwoch bei einem rechtsextremen Netzwerk sichergestellt worden seien. Das Arsenal, so der Minister, sei für deutsche Gesinnungsgenossen gedacht gewesen, die eine rechtsextreme Miliz aufbauen wollten. Die Spur führe nach Nordrhein-Westfalen.

Fünf Verdächtige seien festgenommen worden, sagte Nehammer. Konkrete Namen oder Fundorte wollte er keine nennen. Unter den Verdächtigen seien aber „Namen aus der Neonazi-Szene, die leider auch in Österreich schon länger bekannt sind“.

Die Waffen, so suggeriert die bunte Mischung, müssen einzeln gekauft worden sein und nicht einer Großbeschaffung entstammen. Finanziert habe die Gruppe ihre Rüstungsbeschaffung durch ihren Drogenhandel, hieß es am Samstag auf der Pressekonferenz.

Der Hauptverdächtige ist ein alter Bekannter der Justiz: der 53-jährige Österreicher und Ingenieur Peter B., der vor Jahren wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verurteilt wurde und den Aufbau des Arsenals von der Zelle aus oder während seiner Freigänge aufgezogen haben soll. Derzeit verbüßt er eine zweieinhalbjährige Haftstrafe in Wien.

Auf das rechtsextreme Netzwerk, das von Neonazis zu sogenannten Reichsbürgern reicht, sei man eher zufällig gestoßen, als die Ermittler eine Drogenbande observierten. Laut Georg Hochmuth Mimra, stellvertretender Leiter des Landeskriminalamts, haben die Ermittler im Oktober eine Spur vom gewerbsmäßigen Suchtmittelhandel der organisierten Kriminalität zur rechtsextremen Szene verfolgt. Vergangene Woche seien dann die Waffendepots ausgehoben worden: zunächst 25 halb- und vollautomatische Gewehre am Mittwoch, dann am Donnerstag ein Container mit weiteren Waffen und Sprengstoff und schließlich am Freitag die Munition nebst weiteren Langwaffen in einer Lagerhalle in Niederösterreich.

Was die sichergestellten Drogen betrifft, so nannte Mimra Amphetamine, Kokain, Marihuana und geringe Mengen Heroin. Diese sollen von bayerischen Motorradgangs in Passau und Freising geliefert worden und mit einem Auftrag für Waffenkäufe verbunden gewesen sein.

2019 wurden in Österreich 954 rechtsextreme Delikte registriert. Bewaffnete Attentate waren nicht darunter. Die Staatsanwaltschaft Wien bereitet derzeit einen Prozess gegen ein länderübergreifendes rechtsextremes Netzwerk vor, das mit dem jetzt entdeckten nichts zu tun hat. Fünf Mitgliedern wirft sie Verstöße gegen das NS-Verbotsgesetz und „Vorbereitung eines Hochverrats“ vor. Österreichische Medien berichten, dass eine von Holocaust-Leugnern gebildete „Europäische Aktion“ das „Dritte Reich“ wiedererrichten wollte. Die Männer sollen ab 2010 versucht haben, eine kampfbereite Gruppe in Österreich aufzubauen. Sie gehörte zu einem internationalen Neonazi-Netzwerk namens Europäische Aktion (EA). Zwei der Beteiligten sind inzwischen gestorben.