Keiner kommt, viele gehen

Corona stoppt den Tourismus nach Tunesien

Das Saharafestival wird dieses Jahr coronabedingt nicht stattfinden. Touristen kommen derzeit nur wenige nach Tunesien. Die Hygiene­standards entsprechen denen in Europa. In Res­taurants und Supermärkten sind Temperaturmessung und Desinfek­tionsgel für die Hände obligatorisch. In vielen tunesischen Großstädten ist eine abendliche Sperrstunde festgesetzt. Mit 81.700 Infizierten, 56.700 Genesenen und registrierten 2.455 Corona­toten sind die Infektionszahlen immer noch relativ niedrig. Doch die knapp über 300 Betten auf den Intensivstationen sind fast alle belegt.

Bei der Einreise gibt es folgende Regeln für Individualreisende: Negativer PCR-Test, der bei Ankunft nicht älter als 120 Stunden sein darf, 14-tägige Quarantäne in einem der Quarantänehotels, am 5. Tag kann man erneut einen PCR-Test machen. Wenn dieser negativ ist, kann man ab dem 7. Tag normal reisen.

Pauschalreisende müssen weder einen PCR-Test vorweisen noch in Quarantäne gehen. Sie dürfen das Hotel nur bei geführten Ausflügen durch ihre Reiseagentur verlassen. Bei Rückreise nach Deutschland müssen die Reisende in eine 10-tägige Quarantäne. Am 5. Tag kann ein PCR-Test gemacht werden; wenn dieser negativ ist, kann man die Quarantäne beenden.

„Es gibt überhaupt nichts zu beschönigen“, sagt der tunesische Tourismusminister Habib Ammar. Um 80,5 Prozent sind die Übernachtungen in tunesischen Hotels im Vergleich zum letzten Jahr zurückgegangen, die Einnahmen der Branche sanken um 62 Prozent. Der mit 400.000 Angestellten zweitgrößte Wirtschaftssektor Tunesiens steht vor dem Kollaps.

Den Angestellten in Hotels und Gastronomie versprach Ammar nach Absprache mit der Gewerkschaft UGTT eine Zahlung von monatlichen 200 Dinar (60 Euro). Da die Mehrheit der Arbeitnehmer im Tourismusbereich nur saisonal und ohne Arbeitsvertrag für Hungerlöhne arbeitet, hilft diese Maßnahme nur wenigen.

Für das 11-Millionen-Einwohner-Land steht durch die coronabedingte Wirtschaftskrise zehn Jahre nach der Revolution der soziale Frieden auf dem Spiel. Seit Anfang November gingen in mehreren Städten junge Menschen mit der Forderung nach Jobs und staatlichen Investitionen auf die Straße.

Und der Migrationsdruck wächst. Rund 26.000 Menschen kamen in diesem Jahr aus Zarzis, Sfax und den grenznahen libyschen Küstenorten per Schiff nach Lampedusa und Sizilien, die Mehrheit davon waren ­Tunesier. In einem aktuellen Dokumentarfilm sind vier junge Männer zu sehen, die in einem Tretboot vor Lampedusa treiben, das sie von einem Hotelstrand ge­nommen hatten.

Mirco Keilberth