Andreas Speit
Der rechte Rand
: Warum die Meldestelle für Rechtsextremismus ein Rückschritt ist

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Gemeinsam gegen rechte Gewalt – ohne Hinweise bleibt’s im Dunkeln!“ Mit diesem Motto wirbt die Hamburger Polizei auf ihrer Website für die jüngst eingerichtete „Zentrale Hinweisaufnahme – Rechtsextremismus“. Ein Appell, den alle teilen dürften – nur das heterogene rechte Milieu von AfD über Identitäre bis NPD nicht. Vor wenigen Tagen stellten Innenbehörde und Polizei die Meldestelle vor, angesiedelt ist sie beim Landeskriminalamt (LKA), Abteilung Staatsschutz.

„Hamburgerinnen und Hamburger, die in ihrem Umfeld Beobachtungen machen, die auf rechtsextremistische Verhaltensweisen und Einstellungen schließen lassen, können fortan die Polizistinnen und Polizisten der Zentralen Hinweisaufnahme kontaktieren“, heißt es in einer Pressemitteilung. Auf einer Pressekonferenz erklärte Andy Grote (SPD), Senator für Inneres und Sport, dass „die Anschläge des vergangenen Jahres“ das „enorme Gefahrenpotenzial des Rechtsextremismus vor Augen geführt“ hätten. Die Einrichtung der Meldestelle sei, so der Senator, „ein entscheidender nächster Schritt, um für Hinweise aus der Zivilgesellschaft ansprechbar zu sein, Erkenntnisse zu potenziellen Straftätern zu bündeln und damit am Ende rechtsextremistische Straftaten zu vereiteln“.

Ein nächster, ein entscheidender Schritt? Seit etwa zehn Jahren gibt es beim LKA bereits ein „Hinweistelefon Rechtsextremismus der Polizei“. Neu ist nur die Durchwahlnummer, bemerkte Felix Krebs vom Hamburger Bündnis gegen Rechts. Für ihn ist die neue Meldestelle bloße Imagepflege.

Und er fragt, ob nicht eher von einen Rückschritt gesprochen werden müsste? Denn seit 2008 schon gibt es auch in Hamburg eine „Mobile Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus“ (MBT), angegliedert an die gemeinnützige Organisation „Arbeit und Leben“. Solche mobilen Beratungsstellen, die es in ganz Deutschland gibt, sind unter anderem Anlaufstellen für Einzelpersonen, Gruppen und Organisationen, „wenn sie mit Vorfällen konfrontiert sind, die einen rassistischen, rechtsextremen oder antisemitischen Hintergrund haben“.

Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.

Diese Beratungsstelle wurde nicht bei den Sicherheitsbehörden angesiedelt – ganz im Sinne des ersten „Landesprogramms gegen Rechtsextremismus“, das vor knapp zehn Jahren die wissenschaftliche Debatte berücksichtigte und davon ausging, dass Rechtsextremismus kein alleiniges sicherheitspolitisches Problem, sondern ein gesamtgesellschaftliches Phänomen ist. Zudem wenden sich viele Besorgte oder Betroffene ungern an die Polizei. Bei dem MBTs arbeiten deshalb auch Sozialwissenschaftler*innen mit Expertisen zu Rechtsextremismus und Ideologien der Ungleichheit. Viele der Mitarbeiter*innen haben selbst einen Migrationshintergrund, sie haben also Erfahrung mit diskriminierenden Handlungen und bringen eine entsprechende Sensibilität sowie Sprachkenntnisse mit.