wie machen sie das?: Der Brülllehrer
Thomas Fischer, 42, unterrichtet Metal-Sänger*innen, wie man gesund „shoutet“.
taz am wochenende: Herr Fischer, das sogenannte Shouten ist Ihre Profession. Wie machen Sie das?
Thomas Fischer: In der Metal-Musik ist das Shouten eine sehr technische Form des Schreiens. Dazu schließen wir die Taschenfalten, die oberhalb der Stimmbänder liegen, und pressen ohne viel Kraftaufwand Luft hindurch – ähnlich wie wenn man Luft durch die Lippen presst. Das Geräusch, das dabei entsteht, wird über die Resonanzräume geführt und kommt als „Shout“ raus. Je nach Lage nennt man es Scream, Shout, Growl und so weiter. Die entsprechende Muskulatur benutzt man im Alltag kaum, beim Shouten ist sie sehr wichtig. Nur durch sie können wir die Stimmbänder außen vor lassen, sodass wir sie nicht verletzen.
Wie haben Sie das gelernt?
Ich bin von Haus aus Biologe und bin da sehr technisch rangegangen: anatomisch, physiologisch, physikalisch. Ich habe mir erschlossen, wie die Geräusche entstehen, welche Muskulatur eine Rolle spielt, wie man das Körpergefühl entwickelt. Was am Ende rauskommt, ist ein Spektrum an Frequenzen und Obertönen ohne Grundton, das bei den Hörer*innen als Geräusch interpretiert wird.
Wen unterrichten Sie?
Meine Schüler*innen haben meistens schon einiges autodidaktisch gelernt und kommen zu mir, wenn sie auf dem Sprung zum Professionellen sind – die erste Tour, das erste Album. Ihre Technik trägt sie gerade so über zwei Gigs am Wochenende; wenn es aber intensiver wird, erweist sie sich als nicht nachhaltig. Manche haben auch Vorbilder, die ungesunde Techniken verwenden. Im Metal geht es nur ums Ästhetische, auf Gesundheit wird leider zu wenig geachtet. Aber man würde auch keiner noch so tollen Motorrad-Ikone ohne Weiteres nacheifern, die aus Prinzip ohne Helm fährt.
Haben Sie denn Idole?
Von Personenkult halte ich nicht viel. Aber ich habe Lieblingsbands wie Protest the Hero. Auch deren Sänger musste übrigens letztens wegen Stimmproblemen eine Tour absagen.
Machen Sie nur Metal?
Vor allem. Aber ich hatte auch schon verrückte Jazzprojekte oder experimentelle Sachen mit Musiker*innen aus New York.
Wie läuft das mit Corona?
Da ich mit meinem Angebot relativ allein auf weiter Flur bin, unterrichte ich schon lange Leute von überall per Video. Alle paar Monate kommen sie dann zum Intensiv-Wochenende zu mir nach Aachen. Was jetzt vor allem ausfällt, ist mein Coaching für Künstler*innen auf Festivals und eben mein Face-to-face-Unterricht. Dafür haben meine Schüler*innen jetzt aber mehr Zeit, denn touren oder Alben veröffentlichen geht im Moment eh nicht. Interview: Clara von Hirschhausen
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