Corona-Lage in anderen Metropolen (IV): Bus und Bahn nur für Wenige
Keine Kultur mehr in Buenos Aires: Seit acht Monaten sind Theater, Varietés, Kinos und Tangoshows geschlossen. Auch viele Geschäfte mussten aufgeben.
Weltweit kämpfen Metropolen gegen das Virus. Manchmal ist der Umgang mit der Pandemie erstaunlich ähnlich wie hier, oft gibt es überraschende Unterschiede. Die taz.berlin wirft einen Blick über den heimischen Lockdown hinaus nach anderswo.
Buenos Aires taz | Normalerweise steigt am ersten Samstag im November in Buenos Aires die „Lange Nacht der Museen“. Doch wie alle Veranstaltungen mit viel Publikum fiel die Museumsnacht in diesem Jahr dem Coronavirus zum Opfer. 2004 hatte Berlins Partnerstadt am Río de la Plata das Event mit stets wachsendem Erfolg übernommen. Als Trostpflaster ließen 50 Museen auf ihren Gebäudefassaden Lichteffekte erstrahlen. Wer es sich anschaute, tat es mit der obligatorischen Schutzmaske, kam zu Fuß oder – wie neuerdings viele – mit dem Fahrrad.
Im März hatte Präsident Alberto Fernández die Grenzen schließen lassen. Nur Tage später stellte er das Land unter strenge Quarantäne. Lange waren die Hauptstadt und ihr Großraum der Hotspot des Virus. Von Juli bis September pendelte die Zahl der täglich Neuinfizierten in Buenos Aires zwischen 1.000 und 1.500. Am höchsten waren die Infektionszahlen in den Armenvierteln. Von den bisher 36.000 landesweit registrierten Todesfällen stammen 5.450 aus der Hauptstadt. Inzwischen hat sich die Lage entspannt. Am Dienstag wurden nur 436 Neuinfektionen aus Buenos Aires gemeldet.
Wie sehr gerade die Innenstadt leidet, zeigt sich in der Avenida Corrientes, dem Broadway von Buenos Aires. Seit acht Monaten sind Theater, Varietés, Kinos und Tangoshows geschlossen. Die Buchläden entlang der Corrientes kämpfen ums Überleben. „Vor der Quarantäne habe ich 70 Prozent meines Umsatzes mit dem Theaterpublikum gemacht“, so ein Buchhändler. Seit dem Wochenende sind Theatervorstellungen wieder erlaubt, wenn auch nur mit maximal 30 Prozent der möglichen Zuschauer*innen.
Der Kulturbetrieb ist für die Drei-Millionen-Metropole so wichtig wie der Tourismus – und wie die Tausenden von Angestellten in den Büros der Verwaltungen und Ministerien, Banken und Versicherungen, die morgens an Werktagen mit U-, S-Bahn und Bus ein- und abends wieder auspendeln. Obwohl inzwischen sehr vieles gelockert ist, dürfen nur die Beschäftigten der so genannten essenziellen Berufe in die öffentlichen Verkehrsmittel einsteigen.
Viele „Zu vermieten“-Schilder
Verwaist ist auch die Straße Florida, Herzstück der Fußgänger*innenzone. Wo sonst massenhaft Tourist*innen flanieren, Mitbringsel kaufen und Dollar oder Euro bei ambulanten Geldwechslern tauschen, herrscht seit der Grenzschließung die Leere. An jeder dritten Ladentür hängt ein „Zu vermieten“-Schild. Zwar dürfen wieder begrenzt Tourist*innen ins Land. Von einer Wiederbelebung ist noch nichts zu merken.
Auch die Hotelbranche leidet. Die Stadtregierung hatte fünfzig Hotels für die Quarantäne für Rückreisende angemietet. Für immer geschlossen hat das Hotel BAUEN, das einstige Aushängeschild der Bewegung der „Empresas Recuperadas“ – jener Unternehmen, die von den Belegschaften in Selbstverwaltung übernommen wurden. Die Hotelkooperative BAUEN hat die Folgen des Virus nicht überlebt. „17 Jahre haben wir allen Widrigkeiten getrotzt und sie überwunden. Wir haben mit Freude gekämpft und sind dankbar, diese kollektive Leidenschaft erfahren zu haben“, schrieb die Belegschaft zum Abschied.