„Wir haben alles getan, um Biden zu stützen“

Mit Hotdogs und Hoffnung hat Powen Shiah von den Democrats Abroad die Nacht der US-Wahl verbracht. Heute geht er noch mal demonstrieren

Powen Shiah, 37, ist im Vorstand der Democrats Abroad. Die Organisation vertritt im Ausland lebende US-Demokrat*innen und will die Wahlbeteiligung von ausgewanderten US-Bürger*innen erhöhen. Shiah lebt seit sechs Jahren in Berlin.

Interview Rieke Wiemann

taz: Herr Shiah, wie viele der US-Amerikaner*innen in Berlin wählen die Demokraten?

Powen Shiah: Zum Wahlverhalten hier lebender US-Bürger*innen gibt es keine Statistik. Ich vermute aber, dass die US-Bürger*innen in Berlin überwiegend die Demokraten wählen.

Warum?

Weil sie in Deutschland sehen, wie es anders gehen kann. Hier sind die Menschen krankenversichert, Bildung ist nicht so teuer, die Coronapolitik ist besser.

Wie haben Sie hiesige Wähler*innen mobilisiert?

Der Wahlkampf lief wegen der Pandemie ganz anders ab als geplant. Live-Veranstaltungen mussten wir absagen, die Feier zum Unabhängigkeitstag am 4. Juli auch. Um mit den US-Amerikaner*innen in Kontakt zu bleiben, haben wir abends oft ein virutelles Pub-Quiz veranstaltet. Und bei gutem Wetter haben wir Infostände auf dem Wochenmarkt am Kollwitzplatz aufgebaut, auf der Bergmannstraße oder im Park am Gleisdreieck. Die effektivste Methode, um Leute zu erreichen, ist aber Phonebanking, also Leute anzurufen. Das wirkt in Deutschland ungewöhnlich, ist in den USA aber üblich.

Wie hoch ist die Wahlbeteiligung der in Berlin lebenden US-Bürger*innen?

Sehr gering. In Deutschland leben rund 120.000 wahl­berechtigte Ame­ri­ka­ner*in­nen, davon etwa 21.000 in Berlin. Ihre Stimme geben aber leider nur 10 bis 15 Prozent ab.

Wieso nur so wenige?

Höchstwahrscheinlich, weil der Wahlprozess so kompliziert ist. Wer seine Stimme abgeben möchte, muss sich vorher zur Wahl registrieren lassen. Die Regeln unterscheiden sich von Staat zu Staat. Ich zum Beispiel bin in San Francisco zur Wahl angemeldet, weil ich dort zuletzt gelebt habe. In Kalifornien darf man den Wahlzettel nicht per Mail zurückschicken, sondern nur per Fax oder Brief. In anderen Bundesstaaten ist es per Mail erlaubt. In wieder anderen nur per Brief. Und dann unterscheiden sich wiederum die Fristen. In manchen Staaten zählt der Poststempel, in manchen das Eingangsdatum.

Wie haben Sie heute Nacht die Auszählung der Stimmen verfolgt?

Ich habe mich mit Freund*innen getroffen. Wir haben viele verschiedene Hotdogs gemacht. In Kalifornien zum Beispiel isst man sie mit Bacon und Avocado, in Michigan, wo ich aufgewachsen bin, mit Chilisauce und kleingehackten Zwiebeln. Später gab es dann noch Nachos und Popcorn. Die Democrats Abroad in Berlin haben sich in der Nacht bei Zoom getroffen, auch da habe ich mich ab und zu eingeschaltet.

Was würde es für Sie bedeuten, wenn Trump wiedergewählt worden ist?

Daran möchte ich jetzt noch nicht denken. Wir haben in Berlin wirklich alles getan, um Joe Biden zu unterstützen. Meine Hoffnung ist groß, dass er gewinnt.

Sie wollen heute auf die Straße gehen, warum? Die Wahl ist vorbei.

Ja, Mittwochmittag um zwölf Uhr veranstalten wir eine Kundgebung namens „Count the Votes“ vor dem Brandenburger Tor. Wir wollen damit dafür demonstrieren, dass erst jede einzelne Briefwahl-Stimme ausgezählt wird, bevor ein Sieger bekannt gegeben wird.

Und noch mal ganz konkret: Wie würde sich Ihr Leben in Berlin ändern, würde Trump erneut Präsident?

Wir würden, genauso wie die vergangenen vier Jahre auch, weiterhin Widerstand gegen Trump leisten, Demos organisieren und auf den drastischen Schaden aufmerksam machen, den er in Amerika und auf der ganzen Welt verursacht. Ich persönlich würde mir extrem Sorgen um die Gesundheit meiner Familie machen. Meine Schwester lebt in New York, meine Eltern in Michigan. Die Coronapolitik von Trump ist der Horror.