das portrait
: Julia Görges feiert ihr Karriereende mit Haselnussschnaps

Sagt dem Tennis-Zirkus Tschüs: Julia Görges im Januar beim Grand-Slam-Turnier in Melbourne Foto: Lee Jin-Man/dpa

„Liebes Tennis, ich schreibe Dir diese Zeilen, weil ich bereit bin, mich von Dir zu verabschieden.“ Mit diesen Worten verkündete Tennisspielerin Julia Görges kürzlich über soziale Kanäle ihr Karriereende. Lange geplant hatte sie das nicht: Noch im Dezember hatte die heute 31-Jährige gesagt, dass sie noch weitere zwei, drei Jahre auf dem Tennisplatz stehen wolle.

Doch dann kam die Coronazwangspause – und Görges merkte, dass sie Tennis gar nicht vermisste. Stattdessen machte sie Yoga und Fitness und lernte „ein Leben ohne Tennis kennen“. Dieser Ausblick sei „wirklich schön“ gewesen, sagte Görges der Tennis-App My Tennis.

Ein leises Ende für eine Sportlerin, die zeitweise ganz oben mitgespielt hat: „Ich habe den Abschied gekriegt, den ich mir vorgestellt habe“, sagte sie der Süddeutschen Zeitung. Gefeiert wurde der aufgrund der Pandemie nicht in einer ausverkauften Tennishalle, sondern mit einem Haselnuss-Schnaps mit ihren Eltern.

Die hatten sie bereits im schleswig-holsteinischen Tennisclub THC Blau-Weiß Bad Oldesloe angemeldet, als Görges mit fünf Jahren zum ersten Mal einen Tennisschläger in der Hand hatte. Heute gehört die Sportlerin mit 13 Turniersiegen im Einzel und elf im Doppel zu den bekanntesten deutschen Tennisspielerinnen. Das sieht auch die ehemalige Nummer eins der Weltrangliste Angelique Kerber aus Kiel so, die ihr zu einer „großartigen Karriere“ gratulierte.

Die hatte 2006 begonnen, als Görges ihren ersten internationalen Titel im Einzel gewann. Da war sie 17 Jahre alt. Ein Jahr später spielte sie bereits im Hauptfeld eines Grand-Slam-Turniers. Spätestens nach den Olympischen Spielen 2012 in Rio kannte sie dann in der Tenniswelt jeder. Dort gewann sie in drei Sätzen gegen die Weltranglistenzweite Agnieszka Radwanska aus Polen. Den Höhepunkt ihrer Karriere feierte Görges 2018, als sie ins Halbfinale von Wimbledon einzog und auf dem neunten Platz der Weltrangliste geführt wurde. Zuletzt rutschte sie zwar auf Platz 45 ab, aber mit ihrer Finalteilnahme im vergangenen Jahr bei einem Turnier der Women’s Tennis Association (WTA) zeigte Görges, dass sie auf der internationalen Bühne durchaus noch konkurrenzfähig war.

Umso überraschender ist nun das Karriereende. Doch Görges machte in Interviews schon immer den Eindruck, als würde sie ihre sportliche Laufbahn genau planen – ebenso ist das nun mit dem Leben nach dem Profisport: Im Gespräch mit dem Webshop Tennis-Point sagte sie, dass Buchhaltung ihr Spaß mache. „Ich möchte auf jeden Fall danach etwas ‚Normales‘ machen.“ Paula Bäurich