Nach Regionalwahl in Italien: Die wahren Gewinner sitzen in Rom
Italiens linke Regierungspartei PD geht gestärkt aus dem Votum in sieben Regionen hervor. Dabei sahen die Prognosen zunächst mau aus.
Überraschend klar konnte die PD unter ihrem seit März 2019 amtierenden Vorsitzenden Nicola Zingaretti gleich drei Regionen verteidigen. Das Wahlrecht sieht vor, dass die Bürger*innen die Parlamente sowie auch direkt die Präsident*innen der Regionen wählen. Am Ende ist aber das zweite Votum ausschlaggebend: Wer immer beim Rennen um die Präsidentschaft die Nase vorn hat, erhält im Parlament einen Mehrheitsbonus.
Vier der sechs Region, die am Sonntag und Montag abstimmten, waren bisher von der PD geführt: die Toskana, die Marken, Kampanien und Apulien. Zwei Regionen dagegen – Ligurien und das Veneto – hatten bisher schon Rechtsregierungen.
Die Meinungsumfragen waren für die Linke alles andere als vielversprechend. Die Marken mussten schon als verloren gelten, während in der Toskana und Apulien die Rechte unter ihrem Frontmann, dem Lega-Chef Matteo Salvini, gute Chancen auf einen Sieg hatte. Die Fünf-Sterne-Bewegung hätte es in der Hand gehabt, diese Chancen zu mindern – durch Wahlallianzen mit der PD. Doch dazu waren sie bloß in Ligurien bereit, in einer Region, in der auch das kaum Aussicht auf Erfolg brachte.
Eindeutige Resultate für die PD
Zwar konnten die Rechten in den Marken und im Veneto wahre Erdrutschsiege erzielen: Der Lega-Mann Luca Zaia etwa kam im Veneto auf 77 Prozent. Doch in der Toskana ebenso wie in Apulien mussten sie überraschend deutliche Niederlagen einstecken.
Statt eines Kopf-an-Kopf-Rennens gab es eindeutige Resultate. Zwar hatte die PD in der Toskana mit Eugenio Giani nur einen blassen Kandidaten anzubieten, doch der holte knapp 49 Prozent der Stimmen und ließ seine Kontrahentin Susanna Ceccardi von der Lega acht Prozentpunkt hinter sich. Entscheidend war wohl die Mobilisierung der Linken: Die Wahlbeteiligung stieg von 48 Prozent (2015) auf jetzt 63 Prozent. Auch in Apulien durfte sich der PD-Kandidat über 47 Prozent und einen Vorsprung von acht Prozent freuen.
Das von Salvini erhoffte Debakel der römischen Regierungskoalition blieb mithin aus, auch wenn einer der Koalitionspartner, die Fünf-Sterne-Bewegung, mit starken Einbußen leben muss. Deren Kandidatin in Apulien kam auf magere 11 Prozent, während die Fünf-Sterne-Bewegung 2018 bei den nationalen Parlamentswahlen noch 45 Prozent geholt hatte.
Als Trost bleibt der Fünf-Sterne-Bewegung immerhin das Verfassungsreferendum. Die Bürger*innen hatten über die Verkleinerung des Abgeordnetenhauses von 630 Sitze auf 400 und des Senats von 315 Sitze auf 200 zu befinden. Wirklich gewollt hatten diese Reform allein die Fünf-Sterne-Bewegung, doch mit 70 Prozent stimmte eine deutliche Mehrheit der Italiener*innen zu.
„Italia viva“ mehr tot als lebendig
Die eigentlichen Sieger aber heißen Giuseppe Conte, der amtierende Ministerpräsident, und Nicola Zingaretti, der PD-Vorsitzende. Die Regierung geht stabilisiert aus der Wahl hervor, und Zingaretti kann jetzt für sich beanspruchen, mit seiner PD diesen Erfolg garantiert zu haben.
Matteo Renzi, der frühere Ministerpräsident und PD-Vorsitzende, kann deshalb als Verlierer gelten. Er hatte sich samt seinen Gefolgsleuten vor einem Jahr von seiner alten Partei abgespalten und die neue Formation „Italia viva“ („Lebendiges Italien“) ins Leben gerufen, die dem Kurs des französischen Präsidenten Emmanuel Macron folgt.
Doch „Lebendiges Italien“, das jedenfalls sagen die Ergebnisse, ist eher tot als lebendig. Egal ob die Formation im Mitte-Links-Bündnis zusammen mit der PD antrat oder aber gegen die PD wie in Apulien – stets fielen die Resultat mit 1 bis 3 Prozent miserabel aus. Nur in Renzis Heimatregion Toskana reichte es für 4,5 Prozent. Auch deshalb können Conte und Zingaretti jetzt ruhiger schlafen. Angesichts der Aussicht, bei Parlamentswahlen ein erneutes Desaster zu erleben, dürfte Renzis Lust auf Regierungskrisen oder gar Neuwahlen deutlich geringer geworden sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!