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„Ich habe viel gelitten“

GESCHICHTE Ein Chronist aus Bürgermeister Johann Smidts Zeiten feiert unbemerkt Geburtstag

Ferdinand Beneke

■ am 1. August 1774 in Bremen geboren, 1848 in Hamburg gestorben, war ein Jurist, Politiker und Anhänger der Hanse.

taz: Herr Beneke, heute vor 238 Jahren wurden Sie hier geboren. Doch so gut wie niemand erinnert mehr an Sie, ehrlich gesagt ...

Ferdinand Beneke: Nicht immer ist man in der Lage, alle größeren und geringeren Begebenheiten seines Lebens treuen Freunden mittheilen zu können. Entfernung zu ihnen ist gemeiniglich Schuld daran.

Sie gelten als geradezu besessener Chronist Ihrer Zeit. Seit Sie 18 waren, schrieben Sie immer Tagebuch ...

Dieser Freund empfängt geduldig die Erzählung der Letzten, und mindert meine Erheiterung: dadurch, nicht durch unnöthige schmerzliche Theilnahme! Wie so viel ruhiger lege ich mich nieder, wenn vor diesem Beichtvater alle meine Gedanken, und Handlungen gemustert, und aus ihrer Prüfung gute Entschlüsse abstrahirt sind!

Nur einmal schrieben Sie gleich ein paar Tage nicht in Ihr Tagebuch, 1802, der Liebe wegen ...

Ich habe einige grässliche Tage durchkämpft und Tag und Nacht viel gelitten.

Geblieben sind auch Reiseführer – zu Routen, die noch immer aktuell sind – dazu ein Kartenwerk. Fast immer geht es um Norddeutschland. Woher kommt das?

Deutschland ist unstreitig der herrlichsten Länder eins. Jeder möge seine Heimath lieben und vorziehen. Der Deutsche, der sein Land verachtet, kennt es nicht, oder die Ausländerei hat ihn geblendet!

Ihr Nachlass, immerhin 5.000 Seiten mit Tagebüchern aus 56 Jahren und 6.000 Seiten voll mit Briefen, unter anderem an Bremens Bürgermeister Johann Smidt, liegen heute im Staatsarchiv Hamburg. Dabei ist Ihr Verhältnis zu Hamburg nicht immer das beste ...

1816 schon schrieb ich an Smidt und klagte über die Isolierungssucht Hamburgs und sein großhansestädtisches Gehabe, das stimmt. Nicht einmal der König von Württemberg hat so wenig Sinn für ein deutsches Gemeinwesen gezeigt als der hamburger Senat. INTERVIEW: JAN ZIER

Infos: www.ferdinand-beneke.de

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