: Katrin Bettina Müller schaut sich in den Galerien von Berlin um
Ein Trostraum für alle, die nicht in die Ferien fahren können, so kann man ruhig anpreisen, was Mark Borthwick in der Galerie Neu angerichtet hat. Fotografien an den Wänden, auf kleinen Regalen und einem großen Tisch, Feldblumen, Disteln, Efeu und Blätter mit Gedichten bilden zusammen einen Raum, der der Erinnerung an den glücklichen Augenblick gewidmet zu sein scheint. Man sieht Silhouetten am Strand, nackte Mädchen beim Spaziergang mit Eseln, Ziegenherden, eine junge Frau hinter Kissen versteckt, viel Wasser, viel Bäume, einen Kleiderberg. Es sind Polaroids und größere Formate, oft nachträglich rötlich und grün eingefärbt, sodass dem Ensemble auch etwas stark Malerisches innewohnt. Mark Borthwick, ein britischer Fotograf mit Erfolg in der Modeszene, erzeugt damit die Vorstellung, zu fotografieren sei ein Ausdruck freundschaftlichen Kontakte, eine ständige Liebeserklärung an die Welt, und das kann man manchmal ganz gut brauchen.
Letztes Jahr arbeitete der polnische Künstler Pawel Althamer an einer Serie weißer Skulpturen, mit denen er Freunde, Verwandte, Nachbarn porträtierte. Denen setzt er nun eine schwarze Skulptur entgegen: Sie sitzt in einem dunklen Verlies, mit Eisenketten gefesselt. Nur durch das vergitterte Fenster der Galerie Neugerriemschneider kann man in den schwarzen Raum schauen. Ein Bock mit Hörnern aus Sensen, ein abgeschobener Gott der Vorzeit, eine Personifikation des Verbotenen, so hockt die Gestalt da. Dass sie von einer Comic-Figur abstammt, einem Ziegenbock, der aus Dummheit viele Fehler macht und seit den dreißiger Jahren in Polen sehr beliebt ist, erahnt man nur aus der Einladung zur Ausstellung. Dieser Ziegenbock kam einmal für den Diebstahl eines Kohlkopfes ins Gefängnis – Althamers Bock aber gleicht einer Figur, die zum Sündenbock für alles, was schiefgeht, gemacht wird.
■ Mark Borthwick: „Soul Surprising Innocent Eyes In“, Galerie Neu, Philippstr. 13, Di.–Sa. 11–18 Uhr, bis 25. August
■ Pawel Althamer: „Evil“, Neugerriemschneider, Linienstr. 155, Di.–Sa. 11–18 Uhr, bis 25. August
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