heute in bremen
: „Ressentiments hielten sich in Grenzen“

Foto: prprivat

Annette Siegert

45, ist Diplom-Geologin und seit 2014 zuständig für Umweltbildungsangebote beim Nabu Bremen.

Interview Marie Gogoll

taz: Frau Siegert, wie sehr leidet die Fledermaus unter ihrem schlechten Ruf seit Beginn der Coronapandemie?

Annette Siegert: Tatsächlich erreichten uns zu Beginn der Pandemie einige besorgte Anrufe, insgesamt hielten sich die Ressentiments gegen Fledermäuse aber in Grenzen. Alle bisherigen Untersuchungen sprechen dagegen, dass unsere heimischen Fledermäuse Träger des Covid-19 Virus sind. Nachgewiesen ist zwar seit Langem, dass einige Tollwut übertragen, jedoch leben in Deutschland keine Fledermäuse, die an Säugetierblut interessiert sind, anders als in Südamerika beispielsweise.

Warum gibt es den internationalen Fledermaustag?

Wir möchten damit möglichst bundesweit auf die Bedarfe der Fledermäuse aufmerksam machen und das jetzt schon seit 24 Jahren. Fledermäuse befinden sich schon eine ganze Weile auf dem „absteigenden Ast“ und werden allgemein viel mit Tollwut oder Horrorfilmen assoziiert. Wir möchten mit unseren Touren den Menschen Fledermäuse näher bringen und zeigen, dass es sehr interessante Tiere sind, die zu Recht unter Artenschutz stehen.

Fledermäuse sind also eine bedrohte Tierart?

Ja, alle in Deutschland vorkommenden Arten stehen auf der roten Liste. Das liegt zum einen am Insektensterben, zum anderen an der Gestaltung der Umwelt durch den Menschen. Viele landwirtschaftliche Flächen werden als Monokulturen bepflanzt, es fehlen strukturreiche Gebiete mit Bäumen, Gebüsch, Offenland und Gewässern. Neben dem Verlust von Wohnraum durch fehlende Baumhöhlen oder im Rahmen thermischer Sanierung verschlossene Spalten an Dächern ist auch der Verlust des Lebensraums eine große Gefahr für diese Tiere.

Welche Relevanz haben Fledermäuse für das Biosystem?

Lichterfest und Fledermausführung: Samstag, 20 Uhr, Vahrer Feldweg

Wissenschaftliche Fledermausführungen: Sonntag, 19.30 Uhr, Parkplatz Stadtwaldsee und Haltestelle Knoops Park

Zunächst geht es bei dem Schutz der Fledermäuse um den Erhalt der Artenvielfalt. Bereits seit 50 Millionen Jahren bevölkern die nächtlichen Flugakrobaten unsere Erde. Ein Ansporn kann aber auch sein, dass eine Fledermaus pro Nacht etwa 1.000 Mücken verputzen kann.

Was kann ich als Großstadtmensch für den Erhalt der Fledermäuse tun?

Wer einen Garten oder Balkon hat, kann mit insektenfreundlichen Pflanzen helfen. Außerdem hilft es, Unterschlupfmöglichkeiten zu schaffen oder zu bewahren, zum Beispiel durch einen Kasten außen am Haus. Man kann mittlerweile auch beim Neubau eines Dachs direkt Schlupflöcher für Fledermäuse mit einbauen. Im städtischen Raum leben die meisten Fledermäuse nämlich nicht in Bäumen, sondern in unseren Behausungen.