heute in hamburg: „Unterkünfte schüren Rassismus“
Kundgebung „United against Racism“: 17 Uhr, vor der Zentralen Erstaufnahme in Rahlstedt, Bargkoppelstieg 14
Interview Yevgeniya Shcherbakova
taz: Herr Forsmann, wie utopisch ist Ihre Forderung an die Innenbehörde, auf Sammelunterkünfte für Geflüchtete zu verzichten?
Franz Forsmann: Das ist die Frage. Wir versuchen bereits seit Jahren, eine andere Aufnahmeeinrichtung für Geflüchtete zu bekommen. Humanitäre Aufnahmeeinrichtungen anstelle dieser menschenunwürdigen Lager.
Menschenunwürdige Lager klingt sehr nach 1941.
Es geht nicht um den Vergleich mit KZs, aber diese Lager besitzen einen Charakter der Ausgrenzung. Das nimmt die Bevölkerung wahr und es entsteht eine Stigmatisierung. Das gilt heute genauso wie vor 70 Jahren.
Gegen wen richtet sich Ihr Vorwurf, dass Rassismus geschürt wird?
Er richtet sich konkret gegen die Behörden und den Senat. Der Rassismus wird durch solche Unterkünfte geschürt. Wir haben es beispielsweise sehr oft erlebt, dass Eltern es ihren Kindern verbieten, geflüchtete Kinder in den Unterkünften zu besuchen. So entstehen bereits bei Kindern Vorbehalte.
Warum klagen Sie nicht?
Es ist sehr schwer zu klagen. Die Behörden finden immer wieder Ausflüchte und die Gerichte entscheiden sich dann nach dem Motto: „Es geht nicht anders.“ Wir setzen eher darauf, dass wir die Bevölkerung über die Umstände informieren.
Interessiert es die Bevölkerung überhaupt?
Wir haben Rückmeldungen von der Kirche, anderen Organisationen, den Linken. Ansonsten gibt es immer solche und solche Stimmen. Wir haben derzeitig einen starken Rechtsruck. Es hat Brände gegeben in Unterkünften und Angriffe gegen Geflüchtete. Wir müssen den Menschen aufzeigen, dass diese Art der Ausgrenzung zu Taten wie denen in Hanau führt.
Franz Forsmann
64, ist seit 1993 im Flüchtlingsrat Hamburg aktiv.
Ist es auch eine Frage von Ressourcen?
Nein. Man hätte schon längst Wohnungen für Geflüchtete schaffen können. Wir haben im Moment den Fall, dass 14.000 Geflüchtete eigentlich gar nicht mehr in Lagern wohnen müssten, aber dennoch dort sind, weil es keine Wohnungen gibt.
Welchen konkreten Lösungsvorschlag unterbreiten Sie dem Senat?
Anfangen, Wohnungen für Geflüchtete zu bauen. Das ist machbar, wenn der politische Wille nur auch da wäre.
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