: „Die kleinen Mädels stehen voll lange Schlange“
Women*Team (XVI): Sportlerinnen bekommen weniger Aufmerksamkeit und Geld für ihre Leistungen als Männer. Hier kommen sie zu Wort. Kira Horn spielt Hockey beim Club an der Alster und im Nationalteam. Sie stört es nicht, dass der Sport in Deutschland nicht populär ist – in Argentinien stehen die Zuschauer*innen an
Kira Horn25, hat im Alter von fünf Jahren mit Hockey angefangen. Seit 2014 ist sie Defensivspielerin beim Club an der Alster.
Interview Maike Krob
taz: Frau Horn, wer ist besser beim Club an der Alster, die Männer oder die Frauen?
Kira Horn: Das ist ja eine fiese Frage. Wenn man allein unsere Erfolge in den letzten zwei bis drei Jahren sieht, haben wir mehr Titel eingefahren. Also wenn man rein nach den Titeln geht und sie einfach aufzählt, sind wir besser.
Kriegen Sie dadurch auch mehr Geld?
Nein. Hockey ist ein Sport, bei dem es in Deutschland nicht nur um Geld geht.
Bekommen die Männer mehr Geld?
Ich habe da, ehrlich gesagt, keinen Überblick.
... und Aufmerksamkeit?
Bei uns im Club ist das recht ausgeglichen und grundsätzlich ist Hockey ja nicht so ein wahnsinnig bekannter Sport wie der Fußball. Deswegen gibt es da nicht so krasse Unterschiede.
Haben Sie schon mal in Ländern gespielt, wo Hockey sehr groß ist?
Ja. Mit der Nationalmannschaft waren wir zwei- oder dreimal in Argentinien. Ich habe da eins meiner ersten Länderspiele im A-Kader gemacht. Die ganzen kleinen Mädels stehen voll lange Schlange, um beim Damenhockey zuzugucken. Das war schon ein cooles Erlebnis.
Wie war es dort vor großem Publikum zu spielen?
Es war ein wahnsinnig schönes Gefühl, weil man das beim Hockey nicht unbedingt gewohnt ist. Es gibt mir einen Push, wenn viele Zuschauer da sind und wenn eine coole Stimmung auf dem Platz ist.
Was ist denn „cool“ für Sie?
Wenn es irgendwie laut wird und Emotionen dabei sind, dann belebt die Atmosphäre das ganze Spiel. Solche Spiele gefallen mir besonders gut. Es ist immer dann cool, wenn es um etwas geht und viele Menschen da sind.
Bremst Corona Ihren Erfolg?
So kann man das jetzt nicht sagen. Auch unsere Gegner spielen im Moment nicht. Die ganze Hockeywelt steht momentan etwas still. Der eigene Erfolg wird einfach unterbrochen und geht hoffentlich schnell wieder weiter.
Finden Sie es richtig, dass die Champions League beim Fußball stattfand, aber Olympia abgesagt wurde?
So richtig bewerten kann ich das nicht, da ich nicht alle Hintergründe zur Champions League kenne. Die Entscheidung zur Olympia-Absage war recht alternativlos, weil einfach unglaublich viele Länder involviert sind und die Pandemie die ganze Welt betrifft.
Nehmen Sie dann nächstes Jahr an Olympia teil?
Die Entscheidung ist noch nicht getroffen, aber wir sind für das Jahr 2021 mit unserem Olympiakader qualifiziert. Er besteht aus 24 Personen. Die finale Nominierung ist aber erst ein paar Wochen vor Olympia, weil nicht der ganze Kader dabei sein kann.
Sie sind weit gekommen, was hat Sie angetrieben weiterzumachen?
Mannschaftssport an sich gefällt mir gut, und ich spiele Hockey schon mein Leben lang – es ist meine Leidenschaft. Es ist ein sehr familiärer Sport, das merkt man gerade beim Club an der Alster sehr extrem. Ich spiele mit vielen, mit denen ich angefangen habe, immer noch in einer Mannschaft.
Hockey wird oft als elitärer Sport belächelt – stört Sie das?
Nein, absolut gar nicht. Es ist auch nur bedingt richtig, weil es auch in Hamburg viele Vereine gibt, die nicht als elitär gelten. Da gibt es genügend Möglichkeiten für jeden in Hamburg Hockey zu spielen.
Auch bei Ihnen im Club? Man muss über 4.000 Euro zahlen, um überhaupt Mitglied zu sein.
Wenn man in einer Leistungsmannschaft spielt, zahlt man keine Beiträge.
Was machen Sie, wenn Sie nicht Hockey spielen?
Ich arbeite bei Closed, das ist ein Hamburger Modeunternehmen und ich bin da in der E-Commerce-Abteilung.
Lassen sich Ihre Arbeit und der Leistungssport vereinen?
Meine Chefs unterstützen das wahnsinnig toll – ohne ihre Unterstützung wäre das nicht möglich.
Warum überhaupt Hockey?
Ehrlich gesagt: durch meine Familie und Klassenkameraden. Im Zweifel kennen Hamburger*innen noch 20 andere, die Hockey spielen. In Hamburg ist es einfach ein wahnsinnig bekannter Sport und dann hat es mir schnell sehr viel Spaß gemacht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen