wortwechsel: Fracking, Corona und Rücktritte
Die Infektionszahlen steigen, Politiker*innen treten zurück und die endlose Suche nach einem Zwischenlager. Außerdem: Reicht das Geld für alle?
Frackinggas in Brunsbüttel
„Fracking-Land ist abgebrannt“,
taz vom 18. 8. 20
Manfred Kriener zeigt genau die amerikanische Umwelt- und Wirtschaftskatastrophe, die weltweite Wirkung besonders auch bis nach Deutschland hat: Wirtschaftsminister Altmaier unterstützt politisch weiter Trumps Hilfszahlungen für die US-Fracking-Industrie, indem er ein Erdgasterminal in Brunsbüttel errichten lässt, das genau dies Fracking-Gas aus den USA empfangen und uns liefern soll. Auch bei Entladung des Flüssiggases werden Mengen Methan frei, nicht nur aus den nicht ordentlich verschlossenen Bohrlöchern und Bohrstellen in den USA. Kann man die Bauplanung in Brunsbüttel – beschleunigt – zurückfahren? Hat uns Herr Altmaier nicht erst kürzlich entschuldigend mitgeteilt, umweltmäßig eine falsche Politik betrieben zu haben? Genau, auch in Brunsbüttel!
Ernst-Friedrich Harmsen, Berlin.
Zwischenlager Würgassen
„Überraschende Atomgegner“,
taz vom 19. 8. 20
1994 wurde das Atomkraftwerk Würgassen endlich abgeschaltet. Den Menschen wurde ein Rückbau im Sinne einer „grünen Wiese“ versprochen. Nun wurde in diesem Frühjahr kurz vor Corona angekündigt, das Gelände wolle man zu einem gigantischen Zwischenlager für mittelradioaktive Stoffe ausbauen. Die Betriebsgenehmigung für Schacht Konrad bei Salzgitter soll so gerettet werden, denn diese müsste neu beantragt werden, wenn man dort die Riesenhalle bauen würde. Es ist mit immensen Atommülltransporten zwischen Würgassen und Salzgitter per eingleisiger, zum Teil sanierungsbedürftiger Schiene in der Region zu rechnen. Die unmittelbare Nähe zur Wohnbebauung ist haarsträubend. Die Landkreise Höxter, Holzminden und Kassel haben bereits die sogenannten „Holzmindener Erklärung“ parteiübergreifend beschlossen. Die Bürgerinitiative „Atomfreies Dreiländereck e. V“ hat sich vernetzt mit der bundesweiten Initiative „ausgestrahlt“. Während es in der Region gehörig brodelt, ist die bundesweite Resonanz zu dieser gigantischen Planung noch etwas zurückhaltend. Was sagt die Bundesumweltministerin dazu? Mich erinnert der Gigantismus an die Pläne zur Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf, die erst durch beharrlichen und engagierten Widerstand der Menschen vor Ort nicht gebaut wurde und verhindert werden konnte.
Arno Schelle, Fredelsloh
Lompscher und Kalbitz
„Schlag auf Schlag bei der AfD“ und „Kluger Rückzug“,
taz vom 18. 8. 20 und 4. 8. 20
Unterschiedlicher können Rücktritte nicht sein. Da steht sich zum einen der Politiker, der sich schon länger im Fadenkreuz seiner eigenen Partei befindet, mit einem Begrüßungsschlag in die Seite, gegen seinen Stellvertreter, den man normalerweise nur im Spaß andeutet, mit seiner Blödheit am Schluss selbst im Weg, dass er dann doch freiwillig den Hut nimmt. Und da ist zum anderen eine Frau (Lompscher), die sich mit toller Arbeit in den letzten Jahren mehr als verdient um diese Stadt gemacht hat, ihren Posten letztlich aber ohne großes Aufsehen räumt, weil Miethaie, denen sie für ein paar Jahre das große Geschäft vermasselt hat, solange an ihrem Stuhl gesägt haben, bis sie entnervt aufgeben musste. Schade.
Ulli Herzau, Berlin
Bedingungsloses Grundeinkommen
„Das Geld reicht nicht für alle“,
taz vom 19. 8. 20
Sie sprechen über einen „Traum vom Schlaraffenland“ und behaupten ganz simpel: „Der Staat hat dieses Geld nicht.“ Ich muss Ihnen leider antworten, dass Sie keinerlei stichhaltige Belege für Ihre Pauschalargumente gegen die Finanzierbarkeit liefern und stattdessen nur Meinungsmache betreiben. Sie beziehen sich nicht einmal auf ein konkretes Umsetzungsmodell. Es gibt sehr wohl schon seit Langem Studien (etwa Opielka/Strengmann-Kuhn), die bezüglich theoretischer Finanzierbarkeit zu einem positiven Ergebnis gekommen sind. Zwar ist die Finanzierbarkeit generell umstritten, aber keineswegs aussichtslos, wie Sie es darstellen! Zudem ist darauf hinzuweisen, dass jede Simulation komplett von den Details des gewählten Modells abhängt, sodass hier noch unheimlich viel Forschungsspielraum für weitere Optimierung der theoretischen Gesamtbilanz besteht. Sie verschweigen z. B. auch die immensen Einsparoptionen beim Abbau sehr ineffektiver Verwaltungsapparate und die Innovationspotentiale. Darum meine Bitte: Betrachten Sie verschiedene Modelle differenziert und nähern Sie sich dem Thema mit mehr Offenheit. Erkennen Sie mehr positiven Arbeitswillen Ihrer Mitmenschen an und wertschätzen Sie das vielfältige Engagement außerhalb der Erwerbsarbeit.
Kristof Sardemann, Göttingen
Kandidatur Olaf Scholz
„Krisenbewältigung am Tag danach“,
taz vom 12. 8. 20
Wie respektlos muss man sein, wenn die Parteimitglieder einen mehrheitlich ablehnen, man sich selbst aber ohne weiteres darüber hinwegsetzt und zukünftiger Chef der derzeitigen Parteivorsitzenden werden will. Scholz wurde nicht Parteivorsitzender, obwohl ihn mehrheitlich die veröffentlichte Meinung unterstützte – Borjans und Esken hatten hingegen eine ausgesprochen schlechte Presse. Trotzdem wurde mehrheitlich gegen Scholz votiert. Wer keinen Parteivorsitzenden Scholz haben wollte, wird sich ihn auch kaum als Kanzlerkandidaten gewünscht haben. Scholz hat die neoliberale Wende innerhalb der SPD mit Verve bis zum heutigen Tag mitgetragen und mitgestaltet. Die Parteivorsitzenden haben jetzt dafür gesorgt, dass Scholz an der entscheidenden Stelle weiter gestalten darf. Aber wie soll eine Partei glaubhaft eine Alternative zur neoliberalen Politik entwickeln und durchsetzen können, wenn sie noch nicht einmal im Stande ist, in ihren eigenen Reihen einen neuen Politikansatz mit einer neuen Person kenntlich zu machen? Die Vita von Frau Esken wäre nicht nur für SPDler identitätsstiftender gewesen als all das, was Olaf Scholz zu bieten hat. Statt einen – notwendigerweise – langfristigen Prozess der Erneuerung anzustoßen und dabei womöglich auch die Kanzlerschaft erst gar nicht anzustreben, werden jetzt wieder kurzfristig Fakten geschaffen. Damit stellen sie sich in die Tradition, von der sie angaben, sie verändern zu wollen.
Ulrich Stirn, Berlin
Coronakurve
„Infektionszahl steigt weiter“,
taz vom 13. 8. 20
Die Infektionszahlen steigen in Deutschland rasant an und die Bundesregierung begnügt sich mit nur mit Warnungen und Bitten an die Bevölkerung. Es müssen endlich Taten mit einschneidenden Maßnahmen folgen, sonst haben wir das Erreichte, nämlich den bisher einigermaßen positiven Verlauf der Pandemie, bald wieder verspielt. Ich persönlich habe kein Verständnis für die Leute, die nun unbedingt verreisen und sich in Risikogebieten aufhalten müssen. Auch große Feiern und Partys stoßen auf mein Unverständnis. Wann begreift man endlich, dass die Coronakrise noch lange nicht vorbei ist? Und wann beginnen die verantwortlichen Politiker massiv gegen Verstöße vorzugehen und Massenansammlungen zu verhindern? Ich habe keine Lust, mich bald wieder so einschränken zu müssen wie im März und April 2020, weil es Menschen gibt, die durch ihre Unvernunft und Uneinsichtigkeit unser aller Gesundheit wieder aufs Spiel setzen!
Thomas Henschke, Berlin
Links lesen, Rechts bekämpfen
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