Theater mit Corona-Tücken

Die Häuser im Norden starten in eine besondere Saison

Auf geht es „wieder, mit bedächt’ger Schnelle / Vom Himmel durch die Welt zur Hölle“ zu wandeln. Sommerferienende, Lappen hoch und Theater spielen im Sinne des Direktors in Goethes „Faust“-Vorspiel. Als wäre nichts gewesen? Obwohl die meisten Stadttheater wegen der unsicheren Corona-Situation kein pfundiges Spielzeitheft herausgebracht haben, starten sie mit prallen Premierenplänen. Aber der Corona-Teufel zeigt sich im Detail.

In Kiel ist bereits ein Liederabend zu den Max-und-Moritz-Streichen heraus­gekommen, gefolgt heute von der „Balkonien“-Premiere im Opernhaus mit Mozart-Hits, Schlagern und Pop-Gassenhauern. Wie viele andere Häuser kündigt das Theater Lübeck eine Mono-Oper für eine Sopranistin an: Francis Poulencs „La voix humaine“. In Bremen beginnt die Saison mit der monologischen Dramatisierung von Anke Stellings Roman „Schäfchen im Trockenen“. Die Schweriner Kollegen bringen einen Gundermann-Liederband im Großen Haus heraus.

Obwohl die Auflagen für öffentliche Veranstaltungen in allen Nordbundesländern unterschiedlich sind, gilt einheitlich: Maskenpflicht besteht beim Wandeln im Theater, die Abstandsregel ist vor und auf der Bühne zu beachten. In den Orchestergräben wird bis Ende des Jahres wohl kein komplettes Orchester sitzen, auch auf der Bühne wird nur in kleinen Besetzungen distanziert agiert werden dürfen, Requisiten sind nach jeder Berührung zu desinfizieren. Manche Regisseure haben deshalb ihre Produktionen abgesagt oder verschoben.

Das Deutsche Theater Göttingen war das einzige Haus im Norden, das seine große Spielstätte noch vor der Sommerpause wieder öffnete und ein kleines Repertoire krisenbedingt überarbeiteter Inszenierungen an den Start brachte. Zudem durfte Robert Menasses „Hauptstadt“-Roman Premiere feiern. Davor gab es Open-Air-Aufführungen auf dem Parkdeck und Drive-in-Theater in der Tiefgarage. Nur das Theater Bremen und Schauspiel Hannover beeindruckten noch analog mit kleinen Freiluft-Festivals im Innenhof. Jens Fischer