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heute in hamburg„Eine polyamoröse Beziehung“

Szenische Lesung des Romans „Jules und Jim“ mit Musik: Im Grünzug am Kaifu-Park, in Höhe der Hausnummer 11, um 19 Uhr. Tickets für 15 Euro. Anmeldung erforderlich unter buchbar@fraujunggeburth.de

Interview Regina Seibel

taz: Frau Junggeburth, der Roman „Jules und Jim“ ist 1953 erschienen. Warum haben Sie diesen Roman für die Lesung ausgewählt?

Saskia Junggeburth: Der Roman ist zwar aus den 50er-Jahren, aber für seine Zeit fortschrittlich. Das Geschehen umfasst eine polyamoröse Beziehung zwischen zwei Männern und einer Frau. Sie treffen sich in Paris vor dem ersten Weltkrieg und finden eine sehr verwegene Beziehungsform miteinander. Ob diese sich empfiehlt, steht auf einem anderen Blatt. Außerdem basiert der Roman auf wahren Begebenheiten: Auf der Dreiecksbeziehung zwischen dem Autoren Henri-Pierre Roché und dem Ehepaar Helen und Franz Hessel. Es ist ein zeitloses, spannendes Buch.

Was macht die Handlung aus heutiger Sicht aktuell?

Die Liebe und der Wunsch danach, in Beziehungen frei zu bleiben – also ein adäquater Selbstausdruck trotz Beziehungsstrukturen. Daran scheitern die drei auch ziemlich. Sich nicht den Konventionen hinzugeben, in Beziehungen wahrhaftig zu bleiben und keine Deals einzugehen, ist nach wie vor ein Thema und herausfordernd, egal wie frei die Zeiten sind. Man muss seine eigenen Entscheidungen treffen. Es ist nicht nur in der Liebe ein Thema, wie man es schafft, als authentisches Wesen durch das Leben zu kommen. Die zeitlose Botschaft des Romans ist, dass das nicht einfach ist.

Bekannter als der Roman ist die gleichnamige Verfilmung. Was schätzen Sie an der Romanvorlage?

Foto: Nadine Holtz

Saskia Junggeburth, 45, ist freiberufliche Schauspielerin und leitet das Literaturprojekt BuchBar.

Der Film ist sehr nah an der Romanvorlage, die Texte sind zum Teil eins zu eins übernommen. Der Regisseur François Truffaut hat eine Männersicht auf den Roman. Es ist ein Film über eine Männerfreundschaft, zu der eine Frau dazukommt. Natürlich ist auch der Roman selbst aus männlicher Perspektive geschrieben und hat eine klare Haltung. Liest man aber das Buch und informiert sich gleichzeitig über die Hintergründe, dann geht es um zwei Männer und eine Frau. Der Roman beruht außerdem auch auf dem Tagebuch der Helene Hessel. Der Männerblickwinkel verwertet die Frauensicht, beschönt aber vieles. Für Roché ist die Frau die Täterin. Ich als Frau habe in meiner Lesung einen anderen Blick darauf.

Was erwartet die Zuschauer*innen in der Lesung?

Ein Einblick in die ganze Geschichte und die vielen Beziehungskonstellationen des Romans. Passend zur französischen Lebensart wird die Lesung von französischen Chansons auf dem Knopfakkordeon begleitet.

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