: Stoßgebete für ein NRA-Verbot
Die Generalstaatsanwältin des US-Bundesstaates New York, Letitia James, reicht Klage gegen die Waffenlobby NRA ein. Es geht um Korruption und Betrug
Aus New York Dorothea Hahn
Gedanken und Gebete“ schicken Überlebende des Massakers an der Stoneman-Douglas-Schule in Florida am Donnerstag an die Schusswaffenvereinigung „National Rifle Association“ (NRA). Die Gruppe „Everytown for Gun Safety“ sieht bereits das Ende der „bösen Organisation“ kommen.
Anlass der bitteren Ironie und des Jubels ist die Klage der Generalstaatsanwältin des Bundesstaates New York. Nach 18 Monaten Ermittlungen zu den Machenschaften der NRA wirft Letitia James deren Führungsriege Korruption, persönliche Bereicherung, Betrug (u. a. Steuerhinterziehung) und massive Verstöße gegen die Gesetze für wohltätige Vereinigungen vor.
Bei ihrer Pressekonferenz am Donnerstag erklärt James, dass sie Wayne LaPierre, den „exekutiven Vizepräsidenten“, der seit 39 Jahren die Strippen in der NRA zieht, und drei weitere Männer von der Spitze der Organisation wegen „jahrelanger illegaler Selbstbedienung“ anklagt.
Aber ihre Ziel geht weit über die Verfolgung der vier Männer hinaus, die – unter anderem – 64 Millionen Dollar aus Spendengeldern für Jachten, Flugzeuge und andere persönliche Luxusgüter abgezweigt haben sollen. James will die NRA komplett auflösen. Begründung: „Sie ist so sehr durch Betrug und Missbrauch belastet – keine Organisation steht über dem Gesetz.“
Es isteine Ironie des Schicksals, dass es eine Frau ist, die der Schusswaffenorganisation den Todesstoß versetzen könnte. Dazu eine Afroamerikanerin aus dem demokratischen Bundesstaat New York. Die NRA, die von sich selbst behauptet, dass sie knapp 5 Millionen Mitglieder habe, ist eine von Männern beherrschte Organisation (die in den letzten Jahren ein paar Frauen an die Spitze geholt hat). Sie hat sich auf die Seite der Republikanischen Partei und von Donald Trump geschlagen. Und sie ist zwar im Bundesstaat New York, wo sie sich 1871 kurz nach dem Bürgerkrieg gegründet hat, in das Register für wohltätige Organisationen eingetragen, aber sie hat das Gros ihrer Mitglieder in konservativeren Bundesstaaten des Landes.
Wer auf die Website der NRA geht, stößt als Erstes auf ein großes Bild von Donald Trump, garniert mit dem Hinweis, dass die Organisation „stolz“ darauf sei, ihn auch bei der kommenden Wahl wieder zu unterstützen. Am selben Tag, an dem James in New York ihre Klage öffentlich machte, hatte die NRA erklärt, dass sie im November erneut republikanische Kandidaten in gefährdeten Wahlkreisen massiv finanziell unterstützen werde. 2016 hatte die Organisation 50 Millionen Dollar für die Wahl von Trump und anderen RepublikanerInnen ausgegeben.
Ein Wahlkampfargument der NRA ist die (falsche) Behauptung, dass ein Präsident Biden die Waffen konfiszieren würde. US-Präsident Trump revanchierte sich bei der NRA mit Auftritten und Reden bei ihren Jahreskongressen. Am Donnerstag gab Trump der NRA die Empfehlung: „Zieht um nach Texas.“ Er hat seinen persönlichen Wohnsitz von New York nach Florida verlegt. Die NRA sieht sich als Opfer einer linken Kampagne. Die Klage sei „politisch motiviert“, aber man werde, sich nicht einschüchtern lassen.
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