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Bauernprotest gegen VolksbegehrenUnangenehm, aber legitim

Gernot Knödler
Kommentar von Gernot Knödler

Für ihren Protest gegen das Volksbegehren Artenvielfalt bedienen sich Bauern grenzwertiger Aktionsformen. Damit folgen sie dem Rest der Gesellschaft.

Protest auf der Höhe der Zeit: Bauern stellten dem Nabu Oldenburg Kartons mit Mist vor die Tür Foto: Nabu

D ie Landwirte – einige Landwirte – wehren sich massiv gegen das niedersächsische Volksbegehren Artenvielfalt. Sie empfinden die Auflagen, die ihnen gemacht werden sollen, als existenzbedrohend. Und sie finden das Volksbegehren ehrenrührig, weil sie sich als die eigentlichen Experten für den Umgang mit der Natur und der Erde verstehen. Die Aktionsformen, die sie für ihren Protest gewählt haben, sind zum Teil zwar grenzwertig. Sie bewegen jedoch im Rahmen dessen, was in dieser Gesellschaft üblich geworden ist.

Sicher ist unangenehm, Mist vor die Tür gestellt oder den Magerrasen gedüngt zu bekommen, wie es dem Naturschutzbund (Nabu) widerfuhr. Von Treckern umstellt oder emotional darauf angesprochen zu werden, ob man wirklich eine Unterschrift leisten wolle, mag einschüchternd wirken. Doch letzten Endes sind das alles Aktionsformen, mit denen die Landwirte von Tier- und Umweltschützern selbst schon konfrontiert wurden.

Sie mussten es sich gefallen lassen, dass ihre Felder mit gentechnisch veränderten Pflanzen besetzt oder gar zerstört wurden. Tierschützer dringen regelmäßig zum Filmen in Massentierhaltungsställe ein. Ob nun selbst verschuldet oder nicht, sehen sie sich als Buhmann der Nation.

Bei den Aktionen gegen die Landwirte geht es um Dinge, die man unterschiedlich schlimm finden kann – so wie auch die Wirkung des Artenschutz-Volksbegehrens unterschiedlich eingeschätzt werden kann. Aus Sicht der Betroffenen hat beides einen ähnlichen Stellenwert.

Zähne zusammenbeißen

Das links-grüne Milieu wird sich damit abfinden müssen, dass die Aktionsformen, die es erfunden und etabliert hat, von anderen Milieus und politischen Lagern übernommen werden. Beim Anblick der grünen Kreuze auf den Feldern heißt es also: Zähne zusammenbeißen und ertragen, dass sie das gelbe Gorleben-Kreuz imitieren, um für eine Landwirtschaft zu werben, die weiter das Grundwasser versauen und Insekten vergiften darf.

Für alle Lager und Gruppen sollte es allerdings eine Grenze geben. Zwar sind spektakuläre, bildmächtige und mitunter auch Regeln verletzende Aktionen notwendig, um in die Nachrichten zu kommen. Leute einzuschüchtern ist jedoch tabu. Wo die Grenze liegt, wird jeweils zu diskutieren sein.

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Gernot Knödler
Hamburg-Redakteur
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1 Kommentar

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  • Meine Zeit als Leser der taz scheint zu Ende gehen.

    Seltsam, was Sie schreiben mit viel Verständnis für Landwirte und Kritik am links-grünen Milieu.



    Wesentlich sind meines Erachtens nicht Methoden und Aktionsformen, sondern, ob das Anliegen gerechtfertigt ist.