Deutsche Militärtrucks in Aserbaidschan: Eindeutig ein Mercedes
Trotz Waffenembargo gelangten Daimler-Trucks mit israelischen Geschützen nach Aserbaidschan. Deutschland zeigt wenig Aufklärungswillen.
Hat da in der aserbaidschanischen Regierung jemand die taz gelesen? Das Video veröffentlichte das Verteidigungsministerium der Kaukasusrepublik am 23. April – genau sechs Tage, nachdem die taz erstmals darüber berichtet hatte, dass das Land offenbar Militärgerät aus deutsch-israelischer Produktion besitzt. Indizien dafür waren einige wenige Lkw-Aufnahmen, die bis ins Jahr 2012 zurückreichen und auf die Recherchen der Umwelt- und Friedensorganisation Greenpeace zuvor im Internet gestoßen waren.
Das neue Video, voller Details, bestätigt die Vermutung aus dem April. Es handelt sich eindeutig um Lastwagen von Daimler, lackiert in Tarnfarben, ausgerüstet mit Mörsern des israelischen Herstellers Elbit Systems, Modell Cardom. Das ist heikel, weil in Aserbaidschan ein autoritäres Regime an der Macht ist und der Konflikt mit Armenien um die Grenzregion Berg-Karabach immer wieder aufflammt. Gegen Aserbaidschan besteht deshalb ein Waffenembargo der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).
Auf welchen Wegen die Lastwagen dennoch dorthin gelangten, ist unklar. Der Daimler-Konzern, der nicht nur für den zivilen Markt produziert, sondern auch Fahrzeuge mit militärischer Ausstattung im Angebot hat, beteuerte auf Nachfrage schon im April, keine Rüstungsgüter nach Aserbaidschan verkauft zu haben. Wie die Lkws aus den Videos dorthin kamen, könne man nicht nachvollziehen.
Eine Spur führt nach Israel
Eine naheliegende Möglichkeit ist, dass zunächst Daimler die Trucks nach Israel verkauft hatte – in ziviler oder in militärischer Ausführung. Die Firma Elbit Systems baute sie dort möglicherweise um, bestückte sie mit ihren Cardom-Mörsen und lieferte sie weiter nach Aserbaidschan.
Dafür spricht unter anderem, dass auf den Lkw-Türen ausweislich des neuen Videos ein „Cardom“-Logo angebracht ist. Ein solches Geschäft würde überdies ins Bild passen: Die israelische Rüstungsindustrie liefert regelmäßig Waffen an die aserbaidschanische Armee – mit Zustimmung der Regierung in Jerusalem.
Elbit Systems selbst ließ eine jüngst von der taz gestellte Anfrage unbeantwortet. Die israelische Regierung will weder Fragen zum konkreten Waffendeal noch zu Rüstungsexporten nach Aserbaidschan im Allgemeinen beantworten. Und auf Aufklärung drängen offenbar weder die OSZE noch die Bundesregierung.
Israel ist zwar offizielles Partnerland der OSZE und müsste sich per Definition zu deren Zielen bekennen. Ein Sprecher der Organisation gibt auf Anfrage aber lediglich an, dass sich die Partnerländer nur „auf freiwilliger Basis“ an OSZE-Vereinbarungen zu halten hätten. Für weitere Fragen solle man sich direkt an die Regierungen Israels und Aserbaidschans wenden.
Bundesregierung schaut weg
Und die Bundesregierung? Hat sie den Bruch des Embargos angesprochen? Gegenüber Daimler, gegenüber den Regierungen in Jerusalem und Baku? „Die Bundesregierung tauscht sich regelmäßig mit der israelischen Regierung zu außen- und sicherheitspolitischen Fragen aus. Mit Aserbaidschan gibt es regelmäßige politische Konsultationen“, schreiben Bundesaußen- und Wirtschaftsministerium in einer gemeinsamen Antwort auf diese Frage. Konkreter werden sie nicht.
Für Alexander Lurz, Greenpeace-Experte für Rüstungsexporte, ist das zu wenig. „Der fehlende Aufklärungswille der Bundesregierung ist erschreckend“, sagt er. „Es ist keine Petitesse, wenn plötzlich deutsche Militärgüter an einer der spannungsgeladensten Grenzen weltweit auftauchen.“ Als verantwortlicher Minister müsse Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) für Aufklärung sorgen.
Sehr weit weg von der Grenze, von der Lurz spricht, sind die Daimler-Lkws übrigens nicht stationiert. Auf einem weiteren Video, ebenfalls vom aserbaidschanischen Verteidigungsministerium veröffentlicht, sind sie erneut zu sehen. Die Experten von Greenpeace haben die Gebäude im Hintergrund mit Satellitenaufnahmen verglichen. Sie sind sich sicher, dass es sich um eine Militärbasis nahe der Stadt Aran handelt – die umkämpfte Region Berg-Karabach ist nur rund 25 Kilometer entfernt.
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