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: Das T vor der taz

Neulich wieder am heiligen Sonntag. Zeter und Mordio direkt vor dem taz-Kubus am südlichen Ende der Berliner Friedrichstraße. Gezeter und Geschrei, nicht schön das, die ersten Redaktionsmitglieder treten auf die rundum laufenden schmalen Balkone des neuen Verlagsgebäudes, gucken hinunter. Was ist da los?

„Contenance“, möchte man rufen, in Richtung von dort, wo die Friedrichstraße eine berüchtigte T-Kreuzung bildet mit der Hedemannstraße. Berüchtigt deshalb, weil hier gefühlt 80 Prozent der Ver­kehrs­teilnehmer*innen das gute alte „Rechts vor links“ nicht beherzigen oder augenscheinlich davon noch nie gehört haben in ihrem Leben als Mensch im öffentlichen Raum. „Contenance, meine Herren“, möchte man also hinunterrufen, „Schluss mit dem Gebrüll!“ Doch da ist schon alles gelaufen.

Ein Luxuskarossenfahrer beschimpft einen Radfahrer, der ihm angeblich „die teure Stoßstange“ demoliert hat. Der Radler keift zurück, beide tragen putteroten Kopf bei Außentemperatur von 32 Grad aufwärts. Der jüngere, ordentlich radbehelmte Mann kämpft verbal auch noch an weiterer Front. Denn es ist ja Sonntag und somit Corona-Spielstraßenzeit auf diesem Teil der Friedrichstraße – heißt: keine freie Fahrt für alle, Radler*innen müssen absteigen, Autos dürfen nicht passieren. „Unverschämtheit“, schnaubt der Velomann und in Richtung eines Spielstraßenbeschützers im Liegestuhl: „Ich starte jetzt durch!“ Der Luxuskarossenmann grinst süffisant, dann steigt er in sein Gefährt, wendet und düst gen Norden ab. Stoßstange hin oder her.

Harriet Wolff