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„So, jetzt mache ich Schreiben zum Beruf“

Die Kinderbuchautorin Anna Lott verrät, was beim Geschichtenschreiben wichtig ist

Julia Windhoff

Anna Lott

44, lebt in Bremen, hat zehn und zwölf Jahre alte Söhne und 2015 mit „Luzies verrückte Welt“ (dtv) ihr erstes Kinderbuch veröffentlicht. Seitdem sind zwölf weitere erschienen.

Interview Tanja Liebmann-Décombe

taz: Frau Lott, wie sind Sie auf die Idee zu der Figur Lilo von Finsterburg gekommen?

Anna Lott: Ich wollte von einem normalen Mädchen erzählen, das eine höchst seltsame Familie hat. Lilos Mama ist eine Hexe und ihr Vater ist ein Vampir. Außerdem gibt es da noch den Kater Fräulein Rüdiger, der von sich glaubt, dass er eine gefährliche Hundedame ist. Ich mag Kuriositäten, die zwar ausgedacht, aber unserem Alltag nicht ganz fremd sind.

Lässt sich von Lilo etwas lernen?

Lilo ist vom Charakter her heiter und optimistisch. Diese grundsätzliche Haltung findet man bei den meisten meiner Figuren. Ich schreibe nicht, um Kindern etwas beizubringen. Aber vielleicht lernen sie mit meinen Figuren ja das: Gebt nicht auf, verliert nicht den Mut – für jedes Problem gibt es eine Lösung.

Ist das Ihre eigene Haltung?

Auf jeden Fall. Ich wollte schon als kleines Mädchen Autorin werden, aber mir wurde immer wieder gesagt, dass man vom Schreiben nicht leben kann. Ich habe mich davon aber nicht entmutigen lassen, ganz im Gegenteil.

Sie haben schon als Kind Geschichten geschrieben?

Ja. Ich habe schon früh mit Begeisterung Bücher gelesen und sehr viel Tagebuch geschrieben. Die Ideen sprudeln bei mir ständig – in der Nacht, beim Aufwachen, wenn ich Freunde treffe oder Sport mache.

Geht Ihnen das Schreiben immer so leicht von der Hand?

Grundsätzlich ja, aber nicht immer. Ich vergleiche es immer mit dem Sport: Er ist anstrengend und mit mancher Durststrecke verbunden, aber macht zugleich höllisch viel Spaß.

Reicht pures Handwerk für den Erfolg oder braucht es Talent?

Mit reinem Handwerk kann man durchaus erfolgreich sein, gekoppelt mit Fleiß, Disziplin und vor allem Durchhaltevermögen. Eine gewisse Portion Talent ist dabei sicherlich nicht von Nachteil und kann so manche an und für sich profane Story zu einem Juwel machen.

Haben Sie auf Ihren Erfolg hingearbeitet?

Ja. Unter anderem habe ich Theater- und Literaturwissenschaften mit dem Schwerpunkt Kindermedien studiert, im Fernsehen und Radio als Journalistin gearbeitet, viel Theater gespielt und eine Drehbuch- sowie eine Clownsausbildung gemacht, also eine Menge übers Geschichtenschreiben gelernt. 2014 habe ich mir dann gesagt: „So, jetzt mache ich das Schreiben zu meinem Hauptberuf.“ Das war eine der besten Entscheidungen meines Lebens.

Haben Sie Tipps für Kinder und Erwachsene, die Lust aufs Geschichtenschreiben haben?

Wichtig ist erst mal die Idee. Wenn die dazu führt, dass man ein ganz aufgeregtes Kribbeln im Bauch hat, ist man schon auf dem richtigen Weg. Denn dann macht es Spaß, und das ist die beste Voraussetzung zum Schreiben. Wichtig ist aber auch ein gewisses Durchhaltevermögen. Bis eine Geschichte wirklich rund und gut ist, dauert es nämlich eine Weile.

Manchmal habe ich den Eindruck, dass es viel mehr gute Geschichten für Mädchen als für Jungs gibt. Kinderbücher, die sowohl Jungs als auch Mädchen interessieren, scheinen rar. Woran, glauben Sie, liegt das?

Da Mädchen mehr lesen als Jungs, findet man in den Buchhandlungen eine entsprechend größere Anzahl an Mädchenbüchern. Mich nervt diese Unterscheidungen, denn in einer guten Story ist in meinen Augen nicht das Geschlecht der Hauptfigur ausschlaggebend, sondern ihr Charakter.

Ist „Lilo von Finsterburg“ ein Mädchenbuch?

Auf den ersten Blick mag das so wirken, aber ich würde es nicht als Mädchenbuch bezeichnen. Es geht um Hexerei, Skurrilitäten, eine seltsame Familie. Lilo ist in erster Linie ein Mensch, ihr Geschlecht ist für die Story vollkommen irrelevant.

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