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Berlins neues AntidiskriminierungsgesetzEin bundesweit einmaliger Vorstoß

Kommentar von Susanne Memarnia

Mit dem am Donnerstag vom Abgeordnetenhaus beschlossenen LADG können Betroffene erstmals gegen Behördenrassismus klagen.

Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) bei der Verabschiedung des LADG Foto: dpa

W ährend dieser Tage weltweit Menschen nach dem Mord an George Floyd gegen Rassismus und Polizeigewalt auf die Straße gehen, ist an diesem Donnerstag im Abgeordnetenhaus ein kleines Wunder geschehen. Die rot-rot-grüne Regierung hat das bundesweit einmalige Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) verabschiedet. Nicht dass irgendein Gesetz brutale Polizeimorde wie den in Minneapolis verhindern könnte. Das LADG versucht bei dem hinter solchen Taten liegenden Alltagsrassismus anzusetzen.

Indem es staatlichen Institutionen die Diskriminierung von Menschen aufgrund von „rassistischen oder antisemitischen Zuschreibungen“, Religion, Herkunft, sexueller Identität, Behinderung und vielen anderen Merkmalen verbietet, bekennt es zugleich: Ja, es gibt Rassismus in Behörden, es gibt Benachteiligung von nicht als „normal“ angesehenen Menschen. Erstmals bekommen nun Betroffene die Möglichkeit auf Schadensersatzklage gegen Behördenrassismus.

Dass vor allem die Polizeigewerkschaft GdP gegen das Gesetz Sturm gelaufen ist, spricht Bände. Denn obwohl führende Politiker von SPD, Linken und Grünen stets beteuerten, schon jetzt müssten sich Beamte an Recht und Gesetz halten – und zwar inklusive Artikel 3 GG, der Diskriminierung verbietet – sieht die Realität anders aus. Menschen mit anderer Hautfarbe können ein Lied davon singen. Polizeiarbeit beruht – wenigstens zum Teil – auf Instinkten, Gefühlen, und damit auf Vorurteilen.

Hier kann das Gesetz seine Wirkung entfalten. Bei Drogenkontrollen in Parks dürfen PolizistInnen natürlich auch künftig schwarze Personen kontrollieren. Dass sie dafür sofort verklagt werden könnten – in der Debatte über das LADG oft als Totschlagargument gebracht –, ist reine Demagogie.

Dass Behörden jetzt mit Klagen überzogen werden, ist nicht zu erwarten

Aber sie dürfen Menschen eben nicht mehr nur deshalb kontrollieren, weil sie schwarz sind – die Betreffenden müssen sich schon verdächtig verhalten: weglaufen, etwas verstecken oder Ähnliches. Und die Begründung, warum wer kontrolliert wird, sollte dabei eigentlich kein Problem sein. Es sei denn, es gibt eben doch Racial Profiling – was die Polizei seit Jahren bestreitet.

Dass Behörden – betroffen sein können auch Schulen, Jobcenter, die Ausländerbehörde etc. – jetzt mit Klagen überzogen werden, ist nicht zu erwarten. Denn erstens ist der Schritt zur Klage für den Einzelnen immer eine hohe Hürde. Wer legt sich gerne mit der Schule seines Kindes an?

Zweitens zeigt dies die Erfahrung mit dem bundesweit geltenden Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG), das Diskriminierungen im privatrechtlichen Bereich verbietet. Seit 2006 gilt es bereits – und erst vor wenigen Monaten wurde erstmals ein Berliner Vermieter wegen Diskriminierung eines Wohnungssuchenden (mit türkischem Nachnamen) verurteilt. Preisfrage: Meinen Sie, das war der erste Vermieter, der je diskriminiert hat?

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Redakteurin taz.Berlin
Jahrgang 1969, seit 2003 bei der taz, erst in Köln, seit 2007 in Berlin. Ist im Berliner Lokalteil verantwortlich für die Themenbereiche Migration und Antirassismus.
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2 Kommentare

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  • 0G
    02854 (Profil gelöscht)

    Naja, wird sich zeigen. Im Fall vom Corona Ausbruch in Göttingen sind die dortig Beschuldigten ja schon auf den Rassismus-Zug aufgesprungen!

  • "Bei Drogenkontrollen in Parks dürfen PolizistInnen natürlich auch künftig schwarze Personen kontrollieren."

    Dealer sind nicht "...zu kontrollieren". Festnahme, Anklage, Verurteilung. Steht auch in Gesetzen. Seit Jahrzehnten. Wird in Berlin seit Jahrzehnten drauf gesch....