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Burundi ignoriert CoronavirusWahlkampf ohne Mindestabstand

Demonstrationen und Granaten gegen die Opposition: Burundi will am 20. Mai Präsident und Parlament wählen – und weist WHO-Experten aus.

Dicht gedrängt: Unterstützer der regierenden Partei bei einer Wahlveranstaltung Ende April Foto: Berthier Mgiraneza/ap

KIGALI taz | Tausende stehen dicht gedrängt in einer Menschenmasse: Alle tragen rot-weiß-grüne T-Shirts, schwenken Fahnen der Regierungspartei CNDD-FDD (Nationalrat/Kräfte für die Verteidigung der Demokratie), Trommler heizen der Menge ein.

Der Wahlkampf in Burundis Hauptstadt Gitega läuft wie immer: Ohne Handwaschstationen, Schutzmasken und Abstandsregeln. Corona wird ignoriert.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) meldet aus dem Land mit elf Millionen Einwohnern 27 bestätigte Covid-19-Fälle, darunter einen Toten. Ein Arzt aus Bujumbura, der größten Stadt, berichtet der Zeitschrift The Humanitarian jedoch, dass rund zehnmal so viele Patienten in den wenigen Kliniken behandelt werden: „Die Offiziellen sind so mit dem Wahlkampf beschäftigt, dass sie fast gar keine Maßnahmen gegen die Ausbreitung von Covid-19 koordinieren“, sagt er.

Nachprüfen lässt sich dies nicht: Die Grenzen nach Burundi sind geschlossen. Am Dienstag erklärte das Außenministerium die vier WHO-Experten zu unerwünschten Personen und forderte sie auf, das Land zu verlassen. Das zuständige Ministerium ließ verlauten, dass alle Einreisenden zwei Wochen in Quarantäne müssen. Dies gilt auch für internationale Journalisten und unabhängige Wahlbeobachter.

Oppositionelle nennen ihn „Terminator“

Die Wahl ist für den 20. Mai angesetzt. Die Regierungspartei CNDD-FDD dürfte gewinnen. Präsident Pierre Nkurunziza, seit 15 Jahren an der Macht, hat Ende Januar auf dem CNDD-FDD-Parteitag angekündigt, nicht mehr antreten zu wollen. Sein Vertrauter, Evariste Ndayishimiye, Generalsekretär der Partei und einer der wichtigsten Generäle des Landes, wurde zum Nachfolgekandidaten gekürt.

Laut Verfassung hätte Nkurunziza schon bei den Wahlen 2015 nicht mehr antreten dürfen, tat es aber trotzdem. Ein Gesetzentwurf garantiert dem 55-Jährigen jetzt eine halbe Million US-Dollar Abfindung plus ein Gehalt für den Rest seines Lebens, zudem den Titel „Ewiger oberster Führer“.

Wunschnachfolger Ndayishimiye ist ihm gegenüber loyal. Er ist einer der fünf Generäle, die 1994 die CNDD-FDD als Hutu-Guerillabewegung gründeten, um eine Tutsi-Militärdiktatur zu bekämpfen. Nach einem Bürgerkrieg mit über 350.000 Toten wurde CNDD-FDD bei der ersten freien Wahl 2005 stärkste Partei. Oppositionelle nennen ihn „Terminator“. Nachdem er 2016 Generalsekretär wurde, kamen oppositionelle Ortsvorsteher, Lehrer und Offizielle in Haft. Schüler der CNDD-FDD-Miliz Imbonerakure verhafteten ihre Lehrer.

Die UN-Menschenrechtskommission spricht in ihrem jüngsten Bericht von 2019 von einem Klima der Straflosigkeit: Illegale Verhaftungen, Folter, systematische Tötungen, Vertreibungen. Als Parteichef ist Ndayishimiye Vorsitzender der Imbonerakure, die für viele dieser Verbrechen verantwortlich ist.

Leichen vom Oppositionellen im Fluss

Auch im Vorfeld der Wahlen kam es zu Gewalt: Agathon Rwasa, Burundis mächtigster Oppositionsführer der Partei CNL (Nationalkongress für Befreiung), erklärte, dass mehr als 60 seiner Parteimitglieder verhaftet wurden. Richard Havyarimana, CNL-Vorsitzender eines Bezirks, wurde verschleppt, die Leiche schwamm später im nahe gelegenen Fluss. „Es gibt keine Strafgerichtsbarkeit oder Strafverfolgung der Täter“, so Rwasa. Der Grund: Die mutmaßlichen Täter gehören zur Imbonerakure-Parteijugend, deren Chef Ndayishimiye ist.

Jetzt wehren sich Oppositionelle: Am Sonntag explodierte eine Granate außerhalb der Bar Iwabo n’abantu in Bujumburas Stadtteil Kamenge, Treffpunkt der Imbonerakure. Zwei Menschen starben, acht wurden verletzt. Die Bar gehörte dem 2015 getöteten Ex-Geheimdienstchef Adolphe Nshimirimana, einem engen Vertrauten Ndayishimiyes. Die Gewalt schaukelt sich auf.

Bereits vor der Wahl 2015 flohen Hunderttausende Burundier wegen Terror in die Nachbarländer. Vor allem die Tutsi-Minderheit hat sich in Ruanda niedergelassen. Seitdem kommt es regelmäßig zu Konflikten entlang der Grenze.

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