Bremens Jahrhundert-Bauherr

Klaus Hübotters Ruhm gründet jenseits von Bremen auf seiner Financier- und Herausgeberarbeit für die linksradikale „Konkret“. Die Stadt hat der Hannoveraner allerdings viel nachhaltiger geprägt. Am Sonntag ist er 90 Jahre alt geworden

Einst als Staatsfeind geschmäht, jetzt vom Staat gefeiert: Klaus Hübotter hat auch dafür gesorgt, dass Grzimeks Heinrich Heine in den Wallanlagen sitzt Foto: Ingo Wagner/dpa

Von Klaus Wolschner

Klaus Hübotter, geboren am 17. Mai 1930 in Hannover, ist am Wochenende 90 Jahre alt geworden. Als er noch keine 30 war, wollte er als Kommunist die Welt im Sinne der DDR verändern, aber dann hatte er parallel dazu als Kapitalist Erfolg und hat mit seinen ungewöhnlichen Ideen das bremische Stadtbild geprägt – und mehr noch Stadtbildprägendes vorm Abriss bewahrt.

So verdanken wir ihm den Erhalt der historischen Fassade des „Speichers XI“ in der Überseestadt, den die phantasielose „Wirtschaftsförderung“ Bremens abreißen wollte. Abreißen wollte die Stadt auch das historische Bamberger-Haus, ein Denkmal für die Vertreibung jüdischer Kaufleute in der NS-Zeit. Hübotter übernahm es, baute es zum Sitz der Volkshochschule um und bewies damit einmal mehr, dass Baugeschichte nicht immer nur mit großem Geld und Neubauten zu machen ist, sondern auch mit dem kleinen Taschenrechner.

Wobei er dort, wo es sinnvoll ist und der innovative Charakter es gebietet, eben nicht nur mit alter Substanz arbeitet: Die bahnbrechende inklusive Wohnanlage der Blauen Karawane, die im vergangenen Jahr in der Überseestadt eröffnet wurde, ist ein Hübotter-Projekt – was denn sonst. Und als vor Jahren die Uni ein „Uni-Gästehaus“ auf dem Teerhof bauen lassen wollte, rochen die Baufirmen Lunte und trieben die Preise hoch. Da erklärte Hübotter: Ich mache es für die Hälfte. Große Pleiten sind mit seinem Namen nicht verbunden, jedenfalls nicht bekannt gewordene Pleiten.

Natürlich hatte er nicht immer Erfolg. Zum Beispiel hat er vor Jahren angeboten, den alten Wasserspeicher auf dem Stadtwerder, bekannt als „umgedrehte Kommode“, mit bescheidenen Mitteln für die Bevölkerung zu öffnen. Sein Angebot wurde verschmäht, das bauliche Denkmal mit Wahrzeichenqualität an einen Spekulanten verkauft – und seither passiert dort nichts.

Vergeblich warnte er auch vor der „städtebaulichen Katastrophe“ vor dem Bremer Bahnhof. „Der Platz darf nicht bebaut werden“, erklärte er, „der Bahnhof ist eines der eindrucksvollsten Denkmäler Bremens“. Den Zweckbau, der heute die Sicht auf ihn zerstört, nannte Hübotter damals „einen kolossalen Briefbeschwerer“.

Als das Geld aus der DDR 1989 nicht mehr floss, kündigte er der Bremer DKP den Mietvertrag

Dass nicht immer alles gelingt, kennt Hübotter aus jüngeren Jahren, und das ist sein „zweites Gesicht“. Stolz zeigt er noch heute die vollständige Sammlung der linken Zeitschrift Konkret in einem Schrank in seinem Arbeitszimmer. Hübotter war Mitglied der KPD und ihrer Jugendorganisation FDJ auch noch nach dem Verbot 1953. Dafür saß er sogar lange Monate in Haft. Und er war es, der in der Gründungsgeschichte der Zeitschrift – es gab einige Vorläufer-Titel – das Geld von dem FDJ-Vorsitzendenden der DDR, dem Genossen Erich Honecker, besorgte. Um nicht als DDR-Organ aufzufallen, verfolgte Klaus-Rainer Röhl das Konzept einer „fünfprozentige(n) Anti-Ostmischung“. Röhl versuchte schließlich, – über Jahre erfolgreich – das fehlende DDR-Geld durch Verkaufserlöse zu kompensieren, in dem er sie mehr und mehr als linkes Titten-Blatt konzipierte.

Als das Geld aus der DDR 1989 nicht mehr floss, kündigte DKP-Mitglied Hübotter auch den Mietvertrag mit der Bremer DKP, die in einer seiner Immobilien an der Contrescarpe residierte. Seit 1982 ist er der Mäzen des Kulturzentrums „Villa Ichon“ schräg gegenüber.

Noch heute ist Hübotter der Inhaber der Namensrechte an der Konkret. Aus der DKP trat er 1990 aus, erst ein Jahr nach dem Fall der Mauer, als die SED sich zur PDS mauserte und das einigen der alten Genossen der DKP zu weit ging. Seither ist er parteilos.