das portrait
: Christin Klever revolutioniert das Krabbenpulen

Erforscht in ihrer Freizeit Krabbenpanzer: Christin KleverFoto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa

Sie tat es nicht, um die Welt zu retten oder die Krabbenfischerei. Und ihr Vater war längst Kapitän und nicht mehr Küstenfischer, als sich Christin Klever mit dem Krabbenpulen befasste und nebenbei dafür die „Ultraschall-Methode“ erfand.

Dabei hatte sie nie Fischerin werden wollten. Die Ostfriesin war von klein auf technikbegeistert und hat Maschinenbau studiert – in Karlsruhe, weit weg. Irgendwann hat sie ihrem Professor ihre Heimat gezeigt und erzählt, dass die Krabben zum Pulen nach Marokko gefahren werden. Das fand der Professor merkwürdig und riet ihr, für die Abschlussarbeit Krabbenpanzer auf Konsistenz und Zerstörbarkeit zu analysieren. „Ich habe eine richtige Materialstudie gemacht. Technisch gesehen ist die Krabbenschale ja ein Verbundwerkstoff“, sagt die 33-Jährige.

Akribisch hat sie den Panzer in Protein, Chitin und anderes zerlegt; für die Master-Arbeit reichte das. Seither konstruiert sie hauptberuflich Mischmaschinen für die Lebensmittel-Industrie. Trotzdem, das Krabbenprojekt verfolgte sie. Mit einem Freund forschte sie privat weiter – und irgendwann platzte der Knoten: Die Schale enthält Kalk! Und das kann man per Ultraschall zerstören wie Nierensteine.

Diese Idee hatte 2005 zwar schon der Husumer Urologe Walter Zott (taz berichtete), das habe sie aber erst im Nachhinein erfahren, sagt Christin Klever, „und ich habe vergeblich versucht, ihn zu finden“. Wie auch immer – Klever baute ein Wasserbad, um die Schalen per ­Ultraschall zu zerstören. Etliche Versuche scheiterten. „Man muss die Frequenz sehr fein justieren, damit der Panzer zerstört wird, aber nicht das Fleisch“, sagt sie. „Inzwischen funktioniert es.“

Was nicht heißt, dass aus dem Prototypen schon eine Maschine für die Massenproduktion geworden wäre. Zwar haben Vater und Tochter Klever nach Anmeldung des Patents eine Firma gegründet, aber die Sponsorensuche wird wohl noch dauern.

Dabei sind die Küstenfischer durchaus interessiert – obwohl unklar ist, ob die stromintensive Ultraschall-Anlage billiger ist als das Pulen durch unterbezahlte Marokkanerinnen.Auch neue Arbeitsplätze entstünden durch die neue Methode kaum – „weniger als zehn Prozent derer, die in Marokko pulen“, räumt Klever ein. Aber die Fischer könnten für die – ökologisch korrekt – vor Ort gepulten Krabben höhere Preise nehmen und wieder von ihrem Ertrag leben, sagt sie.

Der ist nicht erst seit dem coronabedingten Nachfrage-Rückgang eingebrochen. Da derzeit nicht in Marokko gepult werden kann, liegen auch Tausende Krabben in den Kühlhäusern, totes Kapital. Petra Schellen