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Der Star ist der Trainer

Die Bundesliga vor dem Start (Teil III), heute: Der VfB Stuttgart. Giovanni Trapattoni sorgt auch im Schwabenland für allerlei Hoffnung. Außerdem lockt er Spieler wie den Dänen Tomasson an

AUS STUTTGART KLAUS TEICHMANN

Wochenlang lag Giovanni Trapattoni regelmäßig rücklings auf seiner Gymnastikmatte und strampelte mit den Beinen in die Stuttgarter Sommerluft. Stimmen wurden schon laut, dass der charmante „Mister Maestro“ wohl nur viel heiße Luft um das „Rote Haus“ umwälzen würde. Lange war ja beim VfB Stuttgart der Trainer auch der Star, weil sonst schlicht niemand anderes dazu taugte. Nun aber hat „Danish Dynamite“ die aufkommende Stimmungseintrübung gerade noch rechtzeitig vor Saisonbeginn gesprengt – nach Jon Dahl Tomasson vom AC Mailand wird heute wohl auch der Coup mit Jesper Grönkjaer, dem zweiten dänischen Hochkaräter von Atleticio Madrid, gelingen.

„Es sind immer noch Kleinigkeiten zu klären, aber es sieht ganz gut aus“, sagte VfB-Sportdirektor Herbert Briem jedenfalls zum neuerlichen Dänendeal. Knackpunkt ist wohl nur noch die Höhe der Ablösesumme. Atletico wollte für den offensiven Mittelfeldspieler anfangs knapp sieben Millionen Euro, der VfB aber nur die Hälfte bezahlen. Der Rest ist Verhandlungssache. Sollte auch die Verpflichtung des kroatischen Mittelfeldspielers Mario Carevic gelingen, der als Ergänzungsspieler gedachte Kroate kickte in der vergangenen Saison für Al-Ittihad in Saudi-Arabien und zuvor für Hajduk Split, wären die Personalplanungen abgeschlossen. Der VfB wäre dann innerhalb kürzester Zeit komplett runderneuert – und aus einem personell arg gerupften Rumpfteam wäre ein Titelaspirant geworden.

„Ich sage nicht gleich, ich will gewinnen. Aber in meinem Kopf ist immer: Ich will gewinnen“, hatte Trapattoni gleich bei Dienstantritt in Stuttgart gewohnt verschwurbelt wissen lassen. Seither leitet der 66-Jährige mit gleich sechs Assistenten die Übungen an. Wer für was zuständig ist, war jedoch lange unklar; allein drei Torwarttrainer turnten vor – und das, obwohl Stammtorhüter Timo Hildebrand noch ebenso im Urlaub weilte wie seine Nationalteamkollegen Andreas Hinkel und Thomas Hitzlsperger. Das restliche „Tafelsilber“, wie es der wackere Schwabenstratege Erwin Staudt gern nennt, war verkauft worden: Kevin Kuranyi nach Schalke 04, Mittelfeldstar Aleksander Hleb zu Arsenal London. Zusammen mit Philipp Lahm (FC Bayern) sowie Imre Szabis (Köln) hat der VfB somit vier Akteure verloren, die in der vergangenen Saison zwar die Champions League verpasst, aber immerhin den Uefa-Cup erreicht hatten. Ein fünfter Platz freilich, der die schwäbische Volksseele gegen Trainer Matthias Sammer aufbrachte – und ihn schließlich auch den Job kostete.

„Das Champions-League-Potenzial ist auf jeden Fall da“, sagt nun der Schweizer Neuling Ludovic Magnin, der Lahm ersetzen soll. Vor allem der neue Trainer soll die Pforten in die Königsklasse öffnen. „Es ist ein Privileg, unter so einem Trainer trainieren zu können“, sagt etwa Neuzugang Daniel Bierofka (der sich in einem Testspiel allerdings den Knöchel brach und mehrere Monate ausfallen wird). Doch nicht nur das: Trapattoni soll das unter Sammer zunehmend vergrätzte Publikum wieder an den VfB binden, Zugang zu einer neuen Sponsorenklientel ermöglichen – und durch seine Kontakte auf der Bühne des Weltfußballs Spielertransfers einfädeln. Und selbst ein ehemaliger Weltmeister wie Andreas Brehme ist sich nicht zu schade dafür, unter „Trap“ als Kotrainer zu arbeiten.

Der Glanz des Weltmanns scheint durchaus schon seine Strahlkraft zu entfalten. „Zum Trainingsauftakt war hier noch nie so viel los“, stellt VfB-Pressesprecher Oliver Schraft fest. Und in der Provinz löste der Coach beim ersten Trainingsspielchen eine wahre Hysterie aus: Fast 10.000 Fans wollten den neuen VfB-Star auf der Bank sehen – obwohl Trapp noch gar keine bundesligataugliche Mannschaft mit sich hatte.

Beim Saisonauftakt gegen die Aufsteiger Duisburg und Köln wird dies anders sein. Trapattoni hatte früh zu verstehen gegeben, dass er Qualität statt Masse bevorzuge, auch die sparsame schwäbische Krämerseele konnte sich dem nicht lange verschließen, zumal bekannt ist, wie schnell der „Maestro“ fern der Heimat fertig hat. In Lissabon hat Trapattoni die Brocken schon nach einem Jahr hingeworfen, auch dem Stuttgarter Abenteuer soll Gattin Paola nur unter Protest zugestimmt haben. Auch deshalb haben sie versucht, dem Meistertrainer das Leben in Schwaben durch den Kauf des einen oder anderen Meisterspielers so schmackhaft wie möglich zu machen. Und siehe da: Tomasson zeigte im Ligapokalhalbfinale schon einmal, wie es gehen könnte. Der Däne wurde gegen die Bayern spät eingewechselt, integrierte sich sofort und legte Stranzl blitzgescheit zum 2:1-Siegtreffer auf. Nach dem Spiel sagte Tomasson: „Ich bin vor allem wegen Trapattoni hier.“

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