„Die Mannschaft ist wichtiger als individuelle Titel“

Women*Team (I): Sportlerinnen bekommen weniger öffentliche Aufmerksamkeit und Geld für ihre Leistungen als Männer. Hier kommen sie zu Wort. Die dreimalige Deutsche Meisterin Ewa Pajor ist eine der erfolgreichsten Fußballerinnen Deutschlands. Ihren Vertrag beim VfL Wolfsburg hat sie frühzeitig verlängert

Foto: Regios24

Ewa Pajor, 23, ist Profi in der deutschen Fußballbundesliga und polnische Nationalspielerin. Seit 2015 spielt sie für den VfL Wolfsburg, in 100 Spielen schoss sie 65 Tore. Mit Wolfsburg wurde sie dreimal Deutsche Meisterin und viermal DFB-Pokalsiegerin.

Interview Alina Götz

taz: Frau Pajor, Sie haben in der vergangenen Bundesligasaison zwei Tore mehr geschossen als der Rekordspieler Robert Lewandowski. Wie hat sich das angefühlt?

Ewa Pajor: Das war eine schöne Zeit. Aber für mich ist immer die Mannschaft wichtiger als individuelle Titel.

Sie haben Ihren Vertrag bei Wolfsburg vorzeitig bis 2023 verlängert. Warum wollen Sie in Wolfsburg bleiben?

Ich fühle mich hier wohl, hier bin ich glücklich. Als der Verein mir gesagt hat, dass sie noch ein Jahr länger mit mir arbeiten möchten, habe ich sofort Ja gesagt. Wolfsburg ist eine der besten Mannschaften, hier kann ich mich weiterentwickeln. Ich weiß, dass wir jedes Jahr um die höchsten Ziele spielen und das ist super.

Sind Sie froh darüber, bei einem Verein zu spielen, der mehr Gehalt zahlt, als andere Bundesligaclubs es können?

Na klar, das macht mich zufrieden. Als ich noch in Konin gespielt habe, war es immer mein Traum, in der Bundesliga zu spielen. Das ist meine Arbeit, aber auch meine Liebe. Ich spiele mit Leidenschaft – dass ich dafür auch noch Geld bekomme, ist das Beste, was mir passieren konnte.

Haben Sie ein persönliches sportliches Ziel, was Sie noch verfolgen? Andere Top-Clubs würden Sie bestimmt auch unter Vertrag nehmen.

Darüber denke ich nicht nach. Jetzt bin ich in Wolfsburg, hier kann ich noch viele Jahre spielen. Mit dieser Top-Mannschaft möchte ich noch viele Titel gewinnen.

Die Champions League haben Sie mit Wolfsburg aber noch nicht gewinnen können. Da dominiert Lyon momentan.

Um Lyon schlagen zu können, müssen wir weiter hart an uns arbeiten. Wir haben eine super Mannschaft, mit der wir auch die Champions League gewinnen können. Aber wir wollen auch immer Meister- und Pokalsieger werden. Die drei Wettbewerbe zu gewinnen, ist das Ziel in jeder Saison.

Die vielen Titel, die Sie in den letzten Jahren gewonnen haben, sprechen dafür, dass eine größere Leistungsdichte wünschenswert wäre. Müssten dafür auch andere große Vereine wie Schalke oder Dortmund mehr in den Frauenfußball investieren?

Die Frage kann ich nicht beantworten. Als Spielerin konzentriere ich mich auf meine Aufgabe. Aus meiner Sicht ist die Bundesliga stark und attraktiv.

Wünschen Sie sich mehr Aufmerksamkeit? Dass das geht, hat – als der Spielbetrieb noch lief – zuletzt die englische Liga bewiesen.

Klar, wir wollen immer mehr Zuschauer haben. Ich hoffe, dass das kommt.

Wie ist der Frauenfußball in Polen aufgestellt?

Das Level in Polen ist natürlich niedriger. Das ist schon eine andere Nummer als hier in Deutschland. Aber da entwickelt sich alles gut, immer mehr Mädchen wollen Fußball spielen.

Sind Sie für diese Mädchen ein Idol?

Ja, ich bin schon ein Vorbild. Darüber freue ich mich.

In ihrem Ex-Club Konin in Polen waren Sie die jüngste Spielerin und jüngste Torschützin der Liga.

Das war schwer. Ich war 15 Jahre alt und die anderen 30 oder älter. Aber wenn ich jetzt an die Zeit zurück denke, war sie sehr schön. Dass ich so jung in der besten polnischen Liga für die beste Mannschaft spielen konnte, ist unglaublich.

Was bedeutet die Coronakrise für Ihr Team?

Das ist für alle schwer. Eine völlig neue Situation, diese Pause mitten in der Saison. Wir machen nun alles, um fit zu bleiben, denn wenn die Liga wieder startet, müssen wir vorbereitet sein.

Die Liga hat sich nun für eine Fortführung der Saison ausgesprochen. Was halten Sie davon? Würde jetzt ein Meister gekürt werden, wäre dieser schließlich der VfL.

Das ist eine schwere Frage. Gesundheit ist am wichtigsten. Klar ist aber auch, dass wir weiterspielen wollen. Ohne Zuschauer zu spielen, wäre meiner Meinung nach auch eine Lösung.