corona in bremen: „Unser Ziel ist Empowerment“
André Aden, 39, ist Bildungsreferent beim Mobilen Beratungsteam gegen Rechtsextremismus, Lidice Haus, Weg zum Krähenberg 33a, mobileberatung@lidicehaus.de.
Interview Alina Götz
taz: Herr Aden, Sie haben erst Anfang des Jahres die Beratungsstelle eröffnet. Ist es frustrierend, Ihre Arbeit in diesen Zeiten etablieren zu müssen?
André Aden: Nein, die Beratung findet ja weiterhin statt. Außerdem gab es lediglich einen Trägerwechsel. Wir folgen auf die Beratungsstelle pro aktiv, daher fangen wir nicht bei null an. Aber das Team muss sich neu zusammenfinden. Wir sind drei Bildungsreferent*innen und da ist es teils schon kompliziert, dass wir im Umstellungsprozess mit dieser Situation konfrontiert sind.
Arbeiten Sie noch aufsuchend?
Wir sind im Home Office, beraten am Telefon oder per Video. In Ausnahmefällen ist unter Wahrung der Abstandsregeln aber auch persönliche Beratung möglich. Wir versuchen immer, den Beratungsnehmenden und ihren Wünschen gerecht zu werden, daran ändert auch Corona nichts.
Beraten Sie auch von rechtsextremer Gewalt Betroffene?
Das macht in Bremen die Beratung Soliport, ebenfalls in Trägerschaft des Lidice Haus. Uns geht es eher darum, Menschen beizubringen, wie sie damit umgehen können und welche Argumentationsmuster sie haben, wenn in Institutionen oder im Freundeskreis Personen oder auch nur Äußerungen des rechten Spektrums auftauchen. Das Problem bei der Auseinandersetzung mit extremen Rechten oder Neonazis ist oft Unkenntnis: Was ist das, wie gehe ich damit um, muss ich Angst vor einer verbalen Konfrontation haben? Unser Ziel ist Empowerment und Beratungsnehmende handlungsfähig zu machen.
Sind Sie auch zuständig für die Beratung bei Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, sexueller Orientierung, Religion oder bestimmten sozialen Merkmalen?
Unser Fokus liegt auf der extremen Rechten. Aber auch zu Antisemitismus und anderen Facetten gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit beraten wir. Wir können aber immer an entsprechende Fachstellen vermitteln.
Wie erleben Sie rechte Gewalt in Bremen?
Im Stadtgebiet Bremen haben wir seit Jahresbeginn eine auffällige Häufung von Vorfällen, die aber nicht primär der organisierten rechten Szene zuzuschreiben sind – Pulverbriefe, Hakenkreuz-Schmierereien, Drohbriefe, Brandanschläge. Die Drohmails an Institutionen sind teilweise sehr heftig mit konkreten Drohungen, eigentlich schon rechtsterroristisch. Das ist auch ein bundesweiter Trend.
...und in Bremerhaven?
In Bremerhaven versucht die Szene, die seit Jahren NPD- und nun eher Die-Rechte-orientiert ist, momentan eher eine Raumaneignung. Hier gab es am Samstag eine Kundgebung der Partei Die Rechte. Da geht es, wie auch beim Verteilen von Flugblättern, eher um Präsenz und Provokation und darum, nach außen und nach innen Handlungsfähigkeit zu propagieren.
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