Protest wird unsichtbar

VonEsther Geißlinger

Das Corona-Virus legt nicht nur das öffentliche Leben lahm, sondern bestimmt die Berichterstattung. Berichtet wird, was geschieht, was sichtbar ist oder eben sichtbar gemacht wird. Verschwindet wie jetzt der Protest von der Straße, werden auch die Anliegen schnell unsichtbar. Ein Bericht über etwas, das hätte stattfinden sollen? Fällt schnell hinten runter, auch wenn der Grund für den Protest berichtenswert wäre. Das haben auch die Aktivist*innen erkannt und einige haben sich neue Formen des Protests ausgedacht.

Ein „Schilder-Wald“ soll am Sonnabend in Kiel wachsen: Je ein bis zwei Personen wollen mit Plakaten eine Kette durch die Innenstadt bilden und dabei ausreichend Abstand voneinander halten: Das ist nur ein Beispiel für kreativen Protest in Zeiten der Corona-Pandemie.

„Selbstverständlich ist es auch uns wichtig, das Infektionsrisiko zu minimieren, um keine Menschen zu gefährden“, heißt es in einer Mitteilung der Turboklimakampfgruppe, kurz TKKG, die zur der Aktion aufgerufen hat. „Aber wir setzen dabei auf Solidarität statt auf Vorschriften. Deswegen bestehen wir auf unser Recht zu demonstrieren.“

Die Gruppe hatte Mittwochabend bereits zu einer Kundgebung „gegen die Verschärfungen und Entwicklungen hin zu einem totalitären Staat, der in alle Bereiche des Lebens durchgreift“ aufgerufen (Foto rechts). Auch in Flensburg habe es Veranstaltungen gegeben.

Die geplanten Proteste am Sonnabend sind nicht angemeldet, „weil erst drei Personen als eine Versammlung gelten, nicht jedoch einzeln stehende Demonstrant*innen“, so die Veranstalter*innen. Rund um die lockere Menschenkette soll es Straßenmusik und Kreidezeichnungen geben.

Ganz anders nutzen andere die protestfreie Zeit: Mitglieder der Hildesheimer Ortsgruppe von „Fridays for Future“ etwa bieten einen Einkaufsservice für Angehörige von Risikogruppen an, berichtet der NDR – die Waren werden mit dem Lastenfahrrad verteilt.