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Abschieben wird einfacher

In der Ausnahmesitzung des niedersächsischen Landtages wurde ein neuer Staatsvertrag zu Abschiebungen durchgewunken

Von Nadine Conti

In Niedersachsen ist es künftig erlaubt, dass einfache Vollzugsbeamte Abschiebungen durchführen – ohne die Polizei um Hilfe zu bitten. Diese Neuregelung gehörte zu den Tagesordnungspunkten, die im niedersächsischen Landtag am Mittwoch zügig und einstimmig abgenickt wurden. Sie verbarg sich hinter der sperrigen Bezeichnung: „Gesetz zum Staatsvertrag über die erweiterte Zuständigkeit der mit der Begleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen betrauten Bediensteten in den Ländern“.

Bisher sind solche Abschiebungen problematisch: Sobald ein Abschiebetransport die niedersächsischen Grenzen überschreitet, verlieren die Vollzugsbeamten der 2019 eingerichteten Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB Ni) ihre Befugnisse. Das ist ziemlich häufig der Fall – zum Beispiel, wenn in Länder abgeschoben wird, die nur über internationale Flughäfen wie Düsseldorf oder Frankfurt erreicht werden können. In 2019 war das bei der Hälfte der 3.267 Rückführungen der Fall, die von der LAB vorbereitet wurden.

Das soll künftig einfacher gehen. Dann muss die Polizei nur noch mit, wenn Widerstand befürchtet wird. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen kritisiert, dass die Corona-Krise nun genutzt werde, um diese Neuregelung im Parlament ohne große Debatten durchzudrücken. Auch im zuständigen Ausschuss waren nur Polizei und LAB angehört worden. Und selbst die Grünen stimmten mit: „Länderübergreifend führt dies zu einer Entlastung der Polizeibeamt*innen, ohne dass sich an der Abschiebung, die wir nach wie vor sehr kritisch sehen, im Grundsatz etwas verändert“, sagte die migrationspolitische Sprecherin Susanne Menge auf taz-Anfrage.

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