: Machtspiele beim HSV
Der Hamburger Sportverein hat Vorstandschef Bernd Hoffmann freigestellt. Das könnte dem Investor Klaus-Michael Kühne neuen Aufwind geben, denn andere Geldgeber wird der Verein eh kaum finden
Von Daniel Jovanov
An der Führungsspitze des HSV hat es in der vergangenen Woche einige Veränderungen gegeben. Der Vorstandsvorsitzende Bernd Hoffmann wurde vom Aufsichtsrat freigestellt, seine Kollegen Jonas Boldt und Frank Wettstein führen den Club als Duo weiter. Beide hatten den Kontrolleuren deutlich gemacht, dass eine Zusammenarbeit mit Hoffmann nicht mehr möglich sei.
Die Vorwürfe an Hoffmann lauten: wiederholte Einmischung in die Kompetenzbereiche der anderen und Alleingänge ohne Absprache. Öffentlich wurde überwiegend über den Streit zwischen Hoffmann und Boldt diskutiert, die in Transferangelegenheiten aneinandergeraten waren. Sportvorstand Boldt hätte sich wohl noch einmal mit Hoffmann zusammengerauft, was dem Wunsch des Aufsichtsratsvorsitzenden Max-Arnold Köttgen entsprochen hätte. Der galt als Hoffmanns engster Verbündeter im Rat. Allerdings hat Köttgen den internen Machtkampf im Aufsichtsrat mit 2:5-Stimmen deutlich verloren und ist von seinem Amt zurückgetreten.
Der neue Vorsitzende des Aufsichtsrates heißt Marcell Jansen. Der ehemalige Profi hat Hoffmanns Rauswurf maßgeblich vorangetrieben. Weil sich schon zuvor auch noch Investor Klaus-Michael Kühne in der Wochenzeitung Die Zeit zu Wort gemeldet hatte, auf eine Veränderung im Vorstand hoffte und Jansen dafür empfahl, drehen sich die Diskussionen nun vor allem um zwei Fragen: Was hat sich wirklich geändert? Und gehört der Club bald endgültig Kühne?
Durch Hoffmanns Rauswurf hat sich für den HSV womöglich eine neue Tür geöffnet, um die finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise mit der Hilfe seines Investors abzufedern. Hoffmann hatte stets versucht, den Einfluss des 82-jährigen Kühne zu minimieren. Das könnte in Zukunft wieder anders sein: Finanzchef Wettstein, Aufsichtsratsboss Jansen und mindestens zwei weitere Kontrolleure stehen weiteren Anteilsverkäufen offen gegenüber.
Kühne hält bislang 20,6 Prozent der Aktien an der HSV Fußball AG und hat offiziell nur einen Sitz im Aufsichtsrat. Um ihm weitere Anteile zu verkaufen, müssten die Mitglieder des Vereins zustimmen. Jedoch ist die Skepsis groß, ob das wirklich eine gute Idee wäre. Einige fürchten, dass der HSV dadurch stärker in die Hände Kühnes fällt. Andere meinen, das sei eh nicht mehr zu verhindern.
Die Auswirkungen der Corona-Krise werden auch den HSV vor existenzielle Probleme stellen. Andere Investoren wird der Verein nicht finden, was auch an Kühne liegt. Wenn jetzt sein Wunschkandidat Jansen den Vorstandsvorsitz übernehmen würde, worüber schon seit Längerem spekuliert wird, wäre der Kreislauf für den Investor wieder perfekt. Sobald der Stammverein HSV e. V. weniger als Dreiviertel der Aktien an der ausgegliederten Fußball AG hält, sind die Mitglieder des Vereins weitgehend entmachtet. An Kühne gäbe es dann endgültig kein Vorbei mehr. Dass es nun in der Hand des Ex-Spielers Jansen liegt, ein Liebling der Fans, diese weitreichende Entscheidung zu treffen, ist die tragische Ironie dieses HSV.
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