: Krise öffnet Zeitfenster für Klimaschutz
KONFERENZ Ausstoß an Treibhausgasen sinkt 2009 um 3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Internationale Energie-Agentur empfiehlt auf der Konferenz in Bangkok einen Umbau des Energiesektors
BANGKOK taz | Die gute Nachricht zuerst: Nach Erhebung der Internationalen Energie-Agentur IEA wird der Treibhausgasausstoß 2009 um 3 Prozent unter dem des Vorjahres liegen. Schuld ist die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise, die zu einem geringeren Energiehunger geführt hat. „Das bietet uns ein kurzes Zeitfenster“, erklärte IEA-Chefökonom Fatih Birol auf der Klimakonferenz in Bangkok, wo es um ein neues Klimaabkommen geht, das im Dezember in Kopenhagen verabschiedet werden soll.
Auch im Energiesektor habe es, so Birol, eine Zurückhaltung bei den Investitionen gegeben. „Deshalb ist ein starkes Abkommen in Kopenhagen wichtig.“ Nur dann würden die nachzuholenden Investitionen „nachhaltig“, also klimafreundlich, erfolgen.
In Bangkok legte die IEA einen „early excerpt“ des World Energy Outlook 2009 vor, um die Verhandlungen zu beeinflussen. „Dieser Bericht ist keine Projektion, sondern das, was passieren muss“, erklärte Nabuo Tanaka, Chef der Internationalen Energieagentur. Demnach müssen bis zum Jahr 2020 3,6 Gigatonnen Treibhausgas eingespart werden, soll die Erderwärmung auf 2 Grad begrenzt werden. Um das zu erreichen, sei der Umbau des Energiesektors zentral, er sei „die Vene der Wirtschaft“, wie Tanaka erklärte. In Bildern gesprochen: Nötig seien bis 2020 jährlich 17.000 neue Windräder. Oder 180 neue Atomkraftwerke. „2020 muss der Peak der fossilen Energienutzung überschritten werden“, so Tanaka.
Insgesamt sieht die Internationalen Energie-Agentur das größte Sparpotenzial bei der Energienutzung. 65 Prozent der 2020 anvisierten Reduktion sollten durch Effizienzoffensiven erbracht werden. 18 Prozent sollten aufs Konto eines erneuerbaren Energiesektors gehen, der dann ein Drittel des Weltenergiebedarfs deckt (derzeit 16 Prozent). Pflanzliche Treibstoffe sollen 1 Prozent beitragen, Atomkraft 13 Prozent (heute 2 Prozent) und 3 Prozent die sogenannte CCS-Technologie, die Abscheidung und Speicherung von CO2.
Das nächste G-8-Treffen werde sich mit CCS befassen und Modellprojekte auswählen, versprach IEA-Chef Tanaka. Klar sei, dass es ohne Atomkraft und CCS nicht gehen werde: „Klappt CCS nicht, müssen mehr Atomkraftwerke gebaut werden.“
Ausgerechnet, was das kostet, hat die IEA auch. Demnach sind zwischen 2010 und 2030 Investitionen von 10 Billionen US-Dollar im Energiesektor nötig. Das entspricht gerade einmal 0,5 Prozent der Weltwirtschaftsleistung. Andererseits kostet Warten nur Geld: Jede Verzögerung um ein Jahr schlage mit 500 Milliarden Dollar (rund 340 Milliarden Euro) zusätzliche Investitionen im Energiesektor zu Buche. NICK REIMER
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