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andropause | teil 13Zusammen langweilig sein

Foto: taz

Der alternde Mann hat es weniger leicht, als viele denken. Die Hormone spielen verrückt, der Andropausen­clown versteht die Welt nicht mehr. Die Frau ist weg, und sein bester Freund ist der Urologe

In der Nacht kommt ein Bildanruf von meinem Urologen. Zbigniew will mit mir über meinen PSA-Wert sprechen. „Fast bei null“, schwärmt er. „Wie bei einem Baby.“ Wir chatten noch eine Weile über Drosten, Wodarg, Lobo und die ganze Situation. Dann verabschiede ich mich, weil ich mal muss.

Corona kapert nun sogar das letzte bislang vom Thema unberührte Refugium: diese Kolumne. Denn eigentlich sollte es in dieser Folge endlich um Sex gehen: Hosen runter und blank die Karten auf den Tisch: die Karo-Sieben neben die Herz-Acht. Schonungslos wollte ich unter dem Titel „Wolke dreizehn“ die alterstypische Gemengelage aus Würdelosigkeit und mangelnder Selbsteinschätzung beschreiben und dezidiert meine bizarren Fantasien – das Stichwort „Pumpernickel“ soll hier genügen – schildern. Meine Frau diktierte mir dazu, was ich nachts in meinen Träumen schrie. Der Text war praktisch schon fertig.

Doch jetzt Corona. Schade. In dieser Zeit allein zu sein wäre bitter. Wenn schon eingesperrt, dann lieber zu zweit. Schön in Sicherheit. Draußen schmeißen die Jungen mit Corona rum, und sagen wir, wie es ist: Sie wollen eh nur, dass wir mittelalten heterosexuellen weißen Männer sterben. Dabei ermorden sie am Ende bloß ihre eigenen Großeltern. Zu deren Generation gehören wir noch nicht. Für uns hätte man schon riesige Schlagfallen in Sky-Kneipen und Bordellen aufstellen müssen. Aber die haben jetzt geschlossen.

Nun muss ich meine Liebste natürlich hüten wie einen Schatz. In der Midlifecrisis hätte es noch sein können, dass man die Frau für eine Jüngere verließ. Jetzt, in der Andropause, verlässt einen eher die Frau. Ob für eine Jüngere, einen Älteren, einen Dackel, einen Ficus Benjamini oder gar niemanden, scheißegal: Hauptsache, weg von dem Jammerlappen. Rolf Eden, Ulf Poschardt, Uli Hannemann – das Role-Model des „flotten Alten“, dem die Welt gehört, ist nur noch eine Karikatur aus der Mottenkiste männlicher Untugenden. Statt Porsche und Puppe regieren Prostata und Pegida; wo einst der Ständer stand, hängt nun der Schlauch.

Alleine wäre ich jedoch verloren. Wo Frauen meines Alters nach der Trennung erst so richtig aufblühen, sackt der Mann in sich zusammen wie ein frisch verlassener Hefeteig. So schrieb die SZ: „Männer, die alleine leben, werden eher kriminell, sie sterben früher, werden leichter krank.“ Während „Single-Frauen gut ausgebildete soziale Netzwerke“ haben, erscheinen „alleinstehende Männer als traurige, isolierte, einsame Gestalten.“

Das darf auf keinen Fall passieren und das wird es auch nicht. Liebe ist, zusammen langweilig zu sein. Uli Hannemann

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