Wir müssen drinbleiben

In Bayern gelten seit Freitag die bundesweit strengsten Ausgangsbeschränkungen. Wie ist die Stimmung im Freistaat?

Aus Schliersee Dominik Baur

Freitagnachmittag, herrliches Frühlingswetter. Ein paar Stunden vor der Ausgangssperre, die nur eine sogenannte Ausgangsbeschränkung sein soll, ist in der Gemeinde südlich von München kaum noch jemand unterwegs. Im Kurpark sitzen zwei ältere Damen beim Picknick. Eine gießt sich auf der Parkbank gerade Tee aus der Thermoskanne ein, während sie ihrer Freundin etwas erzählt. Sie muss laut sprechen, die Freundin sitzt eine Parkbank weiter. Drei Meter Abstand. Das müsste reichen.

Einen Tag später, am Samstag, reicht das jedoch nicht mehr. Ob der Plausch im Park nun gefährlich ist oder nicht, seit 0 Uhr ist er verboten, denn ihm fehlt der „triftige Grund“. Nur bei seinem Vorliegen ist es mittlerweile noch erlaubt, die eigene Wohnung zu verlassen – etwa um zur Arbeit zu fahren, Lebensmittel einzukaufen, den Lebenspartner zu besuchen oder zum Arzt zu gehen. Auch Sport und Bewegung sind erlaubt – allerdings nur allein oder mit Menschen, die im selben Haushalt leben. So sieht es die „Vorläufige Ausgangsbeschränkung anlässlich der Corona-Pandemie“ vor, über die die Landesregierung in Samstagszeitungen informiert. Und wo immer möglich, sei ein Mindestabstand von 1,5 Metern zu den Mitmenschen einzuhalten. „Bleiben Sie gesund“, endet der Text. Und: „Gott schütze unsere Heimat.“ Gezeichnet, klar, Markus Söder.

Der bayerische Ministerpräsident hat sich an die Spitze der Anti-Corona-Bewegung gestellt, erlässt für sein Bundesland ohne Absprache die schärfsten Maßnahmen im Kampf gegen das Virus. Manchen Bundespolitikern prescht er damit zu sehr vor – doch seine Botschaft ist klar: Die Lage ist zu ernst, als dass man auch nur einen Tag für weitere Diskussionen verlieren dürfe. „Es geht wirklich um Leben und Tod“, rechtfertigt Söder am Samstag die bayerischen Maßnahmen. 3.695 Menschen sind zu dieser Zeit in Bayern bereits positiv auf das Virus getestet worden. Die Zahl der Toten liegt bei 21. Jeder weiß: Das ist nur der Anfang.

Die Menschen im Freistaat halten sich an die Regeln. Sowohl in den Städten wie auch auf dem Land trifft man kaum jemand. Auf den Autobahnen waren wohl seit den autofreien Sonntagen während der Ölkrise nicht mehr so wenige Autos unterwegs. Es gibt wenig Verstöße. Trotzdem kursieren Videos von 15 Feuerwehr- und Polizeiautos, die Oberbürgermeister Dieter Reiter in München durch die Straßen fahren lässt. Via Lautsprecher wird gewarnt: „Derzeit gelten strenge Ausgangsbeschränkungen. Bleiben Sie zu Hause! Der Gang zur Arbeit, zum Arzt oder zum Lebensmitteleinkauf ist weiterhin möglich. Zuwiderhandlungen werden hart bestraft.“ Punkt. Aus. Klingt bedrohlich – und kommt nicht bei jedermann gut an.

Die Ausgangsbeschränkungen sollen zunächst bis zum 3. April gelten. Auch Gastronomiebetriebe dürfen während dieser Zeit nicht mehr öffnen. Wer außerhalb seines Hauses unterwegs ist, muss jederzeit mit Polizeikontrollen rechnen. Passierscheine sind aber nicht nötig, es genügt, wenn man plausibel erklären kann, warum man draußen ist. Andernfalls drohen Geldbußen bis zu 25.000 Euro. Sogar Haftstrafen sind möglich, wenn eine andere Person zu Schaden gekommen ist. Strafanzeigen bekommen nach diesem Wochenende fünf Jugendliche im unterfränkischen Landkreis Bad Kissingen. Sie wurden von der Polizei in einem Bauwagen aufgestöbert, wo sie einen Geburtstag feierten.