piwik no script img

5 dinge, die wir diese woche gelernt haben

1 Apolda ist nicht Berlin-Kreuzberg

Apolda ist eine 23.000-Einwohner-Stadt in Mittelthüringen. Apolda war dieses Jahr Veranstaltungsort des drittgrößten Politischen Aschermittwochs Deutschlands. In Apolda hat Friedrich Merz (CDU) zu diesem Anlass in einer Rede vor 1.300 Zuhörenden verkündet: „Apolda ist nicht Berlin-Kreuzberg!“ In Apolda signalisierte das Publikum mit Glockenbimmeln seine Zustimmung. Apolda ist 286 Kilometer von Hanau entfernt. Apolda ist nicht Berlin-Kreuzberg.

2 Kostenlos ist nicht radikal

Das schottische Parlament hat beschlossen, dass Binden und Tampons zukünftig allen Menstruierenden kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Die Hygieneprodukte sollen unter anderem in Apotheken erhältlich sein. Die Labour-Abgeordnete Monica Lennon nannte das Gesetzesvorhaben einen „Meilenstein für die Normalisierung der Menstrua­tion“. Manche Schlagzeile verkündete einen „radikalen Schritt“. Na ja. Immerhin können sie zur Not aus Binden radikale Atemschutzmasken basteln.

3 Vollkorn ist nicht Pasta

Auch in Italien hat man Corona-Quarantäne-Angst. Deshalb kaufen die Menschen jetzt Supermarktregale leer. Also fast. Fotos, die in den sozialen Medien kursieren, zeigen das, was übrigbleibt – nämlich Vollkornprodukte eines großen Nudelherstellers. In düsteren Zeiten muntert das auf: Lieber verhungern als Vollkornnudeln essen. Selbst panische Menschen haben noch ein kleines Fünkchen Geschmack, zumindest in Italien.

4 Panda ist nicht Panda

Chinesische For­sche­r:innen haben herausgefunden, dass der rote Panda eigentlich nicht eine, sondern zwei Spezies ist. Sie schlagen deshalb vor, zwischen dem chinesischen und dem himalajaischen roten Panda zu unterscheiden – also Identitätspolitik. Gemeinsam haben die Tiere aber weiterhin, dass sie vom Aussterben bedroht und somit zuallererst schutzbedürftige Marginalisierte sind.

5 Beileid ist nicht ­genug

Wie kann man nur einen Hinweis auf den rassistischen Anschlag in Hanau in dieses entspannte Schmunzelformat quetschen? Wie kann man nur, nach Pandas und Pasta? Man kann, weil man nicht anders kann. Lesen Sie an dieser Stelle also den zigtausendsten Verweis darauf, dass auf mitfühlende Worte Taten folgen müssen. Lesen Sie die Forderung, dass wir jetzt endlich wirklich gelernt haben und immer weiter lernen müssen. „Ich muss gar nichts“ ist nicht mehr drin. Sonst ist nichts gewonnen in diesem Land. Sonst ist alles andere nichts.Lin Hierse

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen