5 dinge, die ich diese woche gelernt habe:
1 Montag
Ich habe beschlossen, eine Woche lang die Welt durch die Augen meiner Schwester zu sehen. Die Welt und die Nachrichten. Und die Augen meiner Schwester sind eigentlich die Augen einer ganzen Generation. Studien und wir wissen: Die Generation Y konsumiert ihre Nachrichten hauptsächlich über Social Media. Und da Facebook Ü40 ist und Twitter nur für Wichtigtuer, beschränke ich mich auf Instagram. Eine Woche lang will ich nur das wissen, was Instagram mir zeigt. Bei der Arbeit setze ich Baustellenkopfhörer auf, morgens bleibt die Zeitung im Briefkasten. Keine Tagesschau, keine Apps, kein „Berliner Fenster“ in der U-Bahn.
2 Dienstag
Der erste Post am Morgen sagt, dass die Deutsche Krebshilfe das Verbot von Solarien fordert. Oje, Screenshot, senden an meine braungebrannte Freundin. Dann ein Bild aus Kitui County – schwerste Heuschreckenplage seit 25 Jahren in Kenia, Somalia, Äthiopien. Puh. Und: Japaner*innen sollen künftig bis 70 arbeiten. Auch puh.
3 Mittwoch
Der Januar 2020 ist der wärmste Januar weltweit seit Beginn der Aufzeichnungen – das erfahre ich beim Zähneputzen. Dann ein Video: Trump in einem Raum, verweigert den Handschlag, hält eine seiner „Ich bin so geil“-Reden. Danach zerreißt eine Frau seine Rede. Demokratin Nancy Pelosi steht im Bild. Dann Coronavirus, dann Fußball-Content. Ein Spieler von Hertha wurde von Schalke-Fans rassistisch beleidigt. Und ein Wisch weiter: Thüringen hat einen neuen Ministerpräsidenten. Er heißt Kemmerich, ist von der FDP und schüttelt Björn Höcke die Hand. Oje. Kurz darauf: Demos, Wut, Empörung. Was ist los? Die AfD ist los. Vier Posts erklären mir das genauer. Da ist auch ein Video: Eine Frau wirft Kemmerich einen Blumenstrauß vor die Füße.
4 Donnerstag
Trump wird freigesprochen. Autsch. Demos in Erfurt gehen weiter. Scheinbar hat jetzt auch Lindner ein Problem. Viele Politiker äußern sich in Videos. Kemmerich tritt zurück. Neuwahlen, Vertrauensfrage?
5 Freitag
Eine Rapperin macht aus ihren Unterhosen Parfum. Und der englische Fußballverband plant eine Obergrenze für Kopfbälle bei Jugendlichen. Wegen möglicher Gehirnschäden, die Kopfbälle verursachen können. Fazit: ich habe noch viel mehr erfahren, als in diesem Text steht. Print hat eben ein Platzproblem, Insta nicht. Ich weiß alles, was ich wissen muss. Die Journalistin in mir denkt: Super, sehr gut. Die Schwester in mir denkt: Mist, ich hätte meine Schwester nicht immer so belächeln sollen. Sara Tomšić
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