Haste mal 'nen halben Euro?

In Hamburg streiten Schulbehörde und Caterer um eine Erhöhung des Preises für Schulessen um 50 Cent. Im ärmeren Berlin kommt der Staat inzwischen ganz für die Schulspeisung auf und zahlt, was es kostet

Trommeln fürs Schulessen: Caterer protestieren am Jungfernstieg Foto: Lars Grumbrecht

Von Kaija Kutter

In Hamburg gibt es einen handfesten Streit um das Schulessen. Die Initiative Hamburger Caterer (IHC), die am Mittwoch im Regen mit Trommeln vor dem Rathaus protestierte, möchte gern 50 Cent mehr pro Mahlzeit durchsetzen. Der SPD-Schulsenator Ties Rabe aber findet, der derzeitige Satz von 3,50 Euro reicht aus. Die Caterer wiederum sagen, sie müssten andernfalls Ende März Verträge mit Schulen kündigen. An der Spitze der Schulbehörde ist man verstimmt über die Debatte, die nun in den Wahlkampf schwappt.

Doch anders als in Berlin, wo das Essen seit Inkrafttreten des „Starke-Familien-Gesetzes“ im August kostenfrei ist, steht in Hamburg die Frage im Raum, wer denn die 50 Cent zahlt? Nach Vorstellung der Caterer der Staat. Es geht um insgesamt etwa vier Millionen Euro, die der Senat im Prinzip aus den Bundesmitteln des „Starke-Familien-Gesetz“ bestreiten könnte, aber das nicht tut, weil das Geld anders verplant sei.

Die CDU-Politikerin Birgit Stöver hat am Mittwoch in der Bürgerschaft beantragt, dass Rabe die Preisdeckelung auf 3,50 Euro „entsprechend der gestiegenen Kosten für Personal und Lebensmittel (Bio)“ anhebt. Denn es sei „unverantwortlich“, wenn man vor den Kosten die Augen verschließe und die Caterer vor der Wahl stünden: „entweder minderwertiges Essen oder sie zahlen drauf“.

Auch Stöver fordert, die Erhöhung sei „vollumfänglich durch die Schulbehörde auszugleichen“ und die Finanzierung über das „Starke-Familien-Gesetz“ zu prüfen. Doch die CDU könnte sich zudem vorstellen, die Essensermäßigung für Geschwisterkinder „zu überdenken“.

Gemeint ist eine Regelung, nach der das zweite Kind einer Familie nur 1,17 Euro zahlt, unabhängig davon, was die Eltern verdienen. Daneben gibt es in dem komplizierten Preissystem fürs Essen in der Grundschule, das Kinder von Hartz-IV-Empfängern ganz kostenfrei stellt, auch noch eine Ermäßigung für ärmere Familien gestaffelt nach Einkommen. Die ist hier nicht gemeint.

Doch für Unruhe könnte es schon sorgen, wenn eine Gruppe mehr zahlen müsste. Die Schulbehörde geht ohnehin noch davon aus, dass die Eltern eine Erhöhung tragen. Man müsse „im Interesse der Eltern, die diese Preise bezahlen“, auf einen vernünftigen Preis achten, schrieb diese in einem Newsletter.

Die Volksinitiative „Guter Ganztag“ indes, die 2016 Qualitätsstandards für das Essen durchsetzte, stellt sich auf die Seite der Caterer und unterstützt deren Forderung. „Für viele Familien stellen aber schon die jetzigen Preise eine große Belastung dar, der Differenzbetrag muss staatlich subventioniert werden“, heißt in einer Stellungnahme. Immerhin zahlten die Eltern mit jeder Mahlzeit 56 Cent Umsatzsteuer an den Staat.

Die Großstadt Berlin hat diesen Streit befriedet. Dort bekommen die Caterer seit 1. Januar 4,09 Euro pro Mahlzeit und im nächstem Jahr 4,36 Euro, damit sie den Berliner Mindestlohn von 12,50 Euro zahlen können. Und die Eltern der Kinder von Klasse eins bis sechs bezahlen nichts fürs Essen.

In der rot-rot-grün regierten Stadt misst die Politik den Schulessen trotz knapper Finanzen eine hohe Wichtigkeit zu. „Für uns ist ein gutes Mittagessen ein Bildungsangebot für die Schüler“, sagte die Linke-Schulpolitikerin Regina Kittler. „Ein Kind, das Hunger hat, kann nicht gut lernen.“ Auch wolle man arme Kinder nicht mehr stigmatisieren. Ungerecht findet Kittler es nicht, dass auch reiche Eltern von der Wohltat profitieren. Denn auch die reichen Eltern zahlten ja Steuern, über die das Essen bezahlt wird.

„Familien sollen prinzipiell entlastet werden“, ist auch für einen Sprecher der Senatsverwaltung für Bildung ein Grund für das kostenlose Essen. Das werde gut angenommen, schon im ersten Monat bekamen 40.000 Kinder zusätzlich ein Essen. Im Jahr 2021, wenn auch der Mindestlohn gezahlt wird, rechne die Stadt mit Kosten von 148 Millionen Euro.

Es geht also um viel höhere Summen als in Hamburg, wo zumindest die SPD im Sommer 2019 auf dem Landesparteitag beschloss, ein kostenloses Mittagessen für alle Schüler einzuführen. In der Schulbehörde ist die Caterer-Initiative am Mittwoch zum Gespräch geladen.