Saskia Hödl
Minority Report
: Meine Haare,deine Haare,unsere Haare

Foto: privat

Es ist zwar schon ein oder zwei Jahre her, doch in den vergangenen Wochen musste ich immer wieder an ein Gespräch mit einer Freundin denken. Ich muss daran denken, weil ich dringend mal einen Haarschnitt brauche und seit Monaten keine Zeit dafür finde, weil das zwischen Arbeit, Kita und sonstigem Leben nie richtig reinpasst.

Es ist damals gerade Herbst und wir sitzen bei ihr zu Hause, trinken Kaffee. Sie sagt: Haare schön. Ich sage so was wie: Sollten sie besser sein, ich war gestern beim Friseur, da fahre ich eine Stunde hin und eine zurück. Sie fragt, wieso ich mir denn nicht einen Friseur in meiner Nähe suche. Und ich antworte, dass der Friseur, zu dem ich gehe, ein Afro-Friseur ist. Dann wird es eigenartig. Sie lacht laut, als hätte ich einen Witz gemacht. Ich sitze da, die Falte zwischen meinen Augenbrauen wird tiefer. „Wieso lachst du?“ – sie sagt: „Ich weiß auch nicht, also, dass es so was gibt, einen Afro-Friseur. Das hab ich ja noch nie gehört. Aber ja, natürlich – muss es ja geben.“

Wir sprechen dann über andere Dinge, aber ich male mir währenddessen und seither immer wieder aus, wie das wohl sein muss, wenn man einfach in jeden x-beliebigen Friseurladen gehen kann und mit einem passablen Schnitt wieder rauskommt. Ich habe das aus Mangel an Alternativen sogar ein paarmal probiert, auch weil ich dachte, bei meiner Haartextur (3b) könnte man gar nicht so viel falsch machen. Aber man kann. Es gab im Grunde nur zwei Erlebnisse, die ich da gemacht habe: Entweder war es ab Betreten eigenartig, weil ich die Angst in den Augen der Friseurin sehen konnte, und ich kam meist nicht umhin, mich die ganze Zeit über zu fragen, ob sie oder ich nun mehr Angst haben musste.

Oder ich musste schlicht die Hälfte selbst machen. Angefangen beim Abtrocknen (Bitte nicht rubbeln, darf ich?) über das Kämmen (Bitte einen groben Kamm, soll ich?), hin zum Föhnen (Diffusor haben Sie doch, oder?) und „Stylen“ (nicht so in den Haaren rumfummeln, wenn sie mal trocken sind, verdammt nochmal). Der Unfähigkeit einiger Friseure ist es zu verdanken, dass ich allein beim Wort „Kopfmassage“ regelrecht zusammenzucke.

Ein Luxusproblem, könnte man sagen. Klar, wer braucht schon einen guten Friseur zum Überleben. Niemand. Aber schön ist es schon, wenn man sich die Haare nicht ständig selbst schneiden muss. Wenn man in den Drogeriemarkt geht und die Haarspülung, die da steht, ist für einen gemacht. Schön auch, wenn man sich keine teuren Haarprodukte aus den USA bestellen muss.

Die Fünf­tage­-Vorschau

Di., 4. 2.

Jürn Kruse

Nach Geburt

Mi., 5. 2.

Lin Hierse

Chinatown

Do., 6. 2.

Anna Goldenberg

Die Internet-

­explorerin

Fr., 7. 2.

Peter

Weissenburger

Kuscheln in

Ketten

Mo., 10. 2.

Hengameh

Yaghoobifarah

Habibitus

kolumne@taz.de

In den vergangenen Jahren gab es in Deutschland durchaus Fortschritte. Die Drogeriekette meines Vertrauens führt inzwischen sogar eine Marke (eine!), die explizit auch für meinen Haartyp ist. Ich war so glücklich, dass ich gleich alles, was es von dieser Marke zu kaufen gab (zwei Produkte!), gekauft habe. Leider hasse ich den Geruch.