wochenschnack: Das N-Wort und seine Bedeutung
Ist es eine Beleidigung, wenn man AfD-Politiker wie den Bremer Bundestagsabgeordneten Frank Magnitz als „Nazi“ bezeichnet?
Klage am Hals
Die Frage ist ja wohl nicht ernst gemeint? Ein Nazi ist jemand, der dafür ist, dass Juden massakriert werden, nur weil sie Juden sind. Ein Nazi ist dafür, dass Schwule eingeknastet werden, nur weil sie schwul sind, oder dass Dunkelhäutige diskriminiert werden, weil sie dunkelhäutig sind usw. Jemand, der mich einen Nazi schimpfen würde, hätte sofort eine Klage am Hals. Beleidigung? Ja, natürlich, geht’s denn noch schlimmer? AfD-Leute als Nazis zu bezeichnen, ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite soll die extreme Schärfe treffen, kann man verstehen, aber der Durchschnittsbürger weiß, dass Juden in der AfD sind, das diese Partei sogar PoC in ihren Reihen hat und Schwule Mitglieder sind. Auf die Dauer wird das mit dem Vorwurf nichts. Und dass die AfD in Polen einmarschieren wird, ist auch nicht zu erwarten. Thomas Schöffel, taz.de
Semantische Spielereien
@Thomas Schöffel Ja, wir können „Nazis“ wegdefinieren, indem wir sagen „Die planen ja gar keinen Krieg gegen Polen, ergo können es auch keine Nazis sein.“
Aber sind solche semantischen Spielereien sinnvoll oder spielen sie doch nur den Nazis/Faschisten/„besorgten Bürgern“ in die Hände?
Ich denke es gibt eine enge Definition von „Nazi“ im historischen Kontext und eine weiter gefasste Definition im modernen, umgangssprachlichen Kontext. Beide haben ihre Berechtigung. Tobsen, taz.de
Welche Definition?
@Tobsen Nur, dass ja nicht automatisch klar ist, welche Definition man nun meint. Der AfDler kann so behaupten, er habe es eben so verstanden, dass der ihn als Nazi Bezeichnende die historische bzw. wissenschaftliche Definition als Nationalsozialist gemeint habe. Und dann? Ich will nun gar nicht erst das Fass aufmachen, dass sonst in der Identitätspolitik doch immer davon ausgegangen wird, dass das, was das Opfer unter einer Bezeichnung versteht, gewichtiger ist als das, was der Sprecher gemeint habe ... Suryo, taz.de
Kaum Widerstand
@Tobsen Ich bevorzuge die Definition nach der ursprünglichen Bedeutung des Begriffs „Nazi“, also dem Vertreten einer gleichzeitig nationalistisch und sozialistisch geprägten Staatsidee. Geht man nun davon aus und vergleicht das Parteiprogramm der AfD damit, dann kann, nein, muss man, mit kleineren Abstrichen bei „sozialistisch“, diese Partei sehr wohl als „Nazi-Partei“ bezeichnen. boidsen, taz.de
Kein Klagegrund
Also, ich persönlich finde ja, dass man grundsätzlich alle AfD-Politiker als Nazis bezeichnen kann und auch sollte. Der Begriff wird so natürlich immer inflationärer; das eigentliche Problem aber ist doch, dass ein solches Denken einfach ganz massiv zunimmt. Nur weil es viele sind, hören sie ja nicht auf, Nazis zu sein. Selbst wenn sie die Mehrheit sind, bleiben sie Nazis.
Der Begriff „Nazi“ war aber immer schon unscharf und natürlich tendenziell auch beleidigend, je mehr er aber differenziert und mit einem sachlichen Bemühen benutzt wird und mit einem als notwendig erachteten gesellschaftlichen Anliegen, desto weniger kann er als reine Beleidigung angesehen werden.
Für die AfD gilt, dass Rassismus ein Grundpfeiler ihrer Politik ist, kein AfD- Politiker kann sich daher wundern, wenn er umgangssprachlich als „Nazi“ bezeichnet wird. Er kann sich beleidigt fühlen, nur reicht das nicht aus, damit ein Gericht auf Beleidigung erkennt. Wenn der „Nazi“-Sager darlegen kann, wie er zu seiner Meinung kommt und dass diese sich auf konkrete Grundlagen stützt, dann ist eigentlich kein Klagegrund mehr vorhanden. Haresu, taz.de
„Fascho“ statt „Nazi“
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Das Wort „Nazi“ wird meist in diskriminierender und beleidigender Absicht benutzt, darf daher auch als Beleidigung beklagt werden. Das es aus Sicht des Gerichts als Schimpfwort gelten kann, geht es nur um den Nachweis seines Gebrauchs gegenüber einer Person, entsprechend gilt das für die üble Nachrede, einer weiteren Straftat für die das Wort „Nazi“ benutzt werden kann.
Kommt es durch eine Person häufiger zu solchen Straftaten, die auch angezeigt werden, steht schnell ein höheres Strafmaß an, weshalb der Gebrauch überlegt sein sollte. Bei Faschist handelt es sich nicht um eine Wortschöpfung zur Beleidigung, sondern um Beschreibung oder Zuordnung politisch geäußerter Inhalte der Richtung des Faschismus. Es kann auch in beleidigender Absicht gebracht werden, diese wäre aber zu belegen. Bei Höcke galt die Wortwahl als beschreibend, ähnlich den italienischen Faschisten. „Fascho“ hat damit statt „Nazi“ die bessere Aussicht, ohne Strafmaß auszukommen. Nik..., taz.de
Überstrapaziert
Ich halte das Wort für überstrapaziert und seine übermäßige Nutzung für kontraproduktiv. Nazi bedeutet zu allererst Nationalsozialist. Ist die AfD nationalsozialistisch wie die NSDAP? Wenn jeder Rechte gleich Nazi ist, haben dann Russland, Ungarn oder sogar Israel eine Naziregierung?
Nicht, dass der Kläger nicht tatsächlich ein Nazi sein könnte. Aber das wird eben nicht automatisch durch die AfD-Mitgliedschaft definiert, sondern durch Einstellungen, die dann vermutlich doch noch etwas weiter gehen als Rechtspopulismus oder -extremismus. Letztere sind meiner Ansicht nach die besseren, da sachlicherem Begriffe, um sich mit der AfD auseinanderzusetzen. Suryo,taz.de
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