piwik no script img

das portraitSimon Desue zeigt auf Youtube gern seinen Luxus

Simon Desue steht wegen eines Youtube-Pranks vor Gericht Foto: Georg Wendt/dpa

Er bestellt sich 10.000 Euro Falschgeld im Darknet, findet die Scheine kurz darauf in einem anonymen Umschlag vor seiner Wohnungstür, von einem Teil der Summe kauft er sich schließlich eine Kaffeemaschine beim Elektronikgroßhändler. Das zumindest ist in drei Videos zu sehen, die Simon Desue vor einem Jahr bei Youtube hochgeladen hat. Alles Fiktion, klar, das Geld war echt, der Rest gestellt. Aber selbst für das bloße Vortäuschen einer Straftat sieht das deutsche Strafrecht schlimmstenfalls eine Freiheitsstrafe von drei Jahren vor.

Zur Verhandlung seines Falles vor dem Amtsgericht St. Georg am Dienstag reiste der Angeklagte Desue, bürgerlich Joshua Weißleder, nun aus seiner neuen Wahlheimat Dubai an. „Ich bin im Dezember ausgewandert“, sagt er der Vorsitzenden Richterin – die korrigiert mit hochgezogenen Augenbrauen die Personalien.

Desue ist 28 Jahre alt, hat nie eine Ausbildung gemacht und führt dennoch ein Luxusleben. Am Abend vor dem Prozess zeigt er zwei Millionen Fans per Instagram seine Hotel-Suite in der Elbphilharmonie. Sein Geld verdient er als Youtuber, mehr als 800 Millionen Aufrufe haben seine Videos insgesamt. Die tragen Titel wie „Baden in Wackelpudding!!“, „Polizei schleppt mein Lambo ab für ein Prank“ oder „ICH kaufe ALLES was mein SOHN ANFASST!!“ Genau das ist dann jeweils auch zu sehen. Sein Jobverständnis erklärt Desue in einem Video so: „90 Prozent der Videos sind da, um dich zu unterhalten, damit du runterkommen kannst von deinem Alltag.“

Im Falle des Falschgeld-Videos ging es nun um die Frage, ob für seine Fans nicht nur die Unterhaltungsabsicht erkennbar war, sondern auch, dass es sich beim Gezeigten um Fiktion handelt. „Die Figur, die bin ja nicht ich“, beteuerte Desue in der Verhandlung. Seine Zuschauer wüssten das. Am Ende folgte das Gericht seiner Argumentation. Nachdem der Staatsanwalt das Scherz-Video in der Verhandlung zum ersten Mal gesehen hatte, hatte selbst er für einen Freispruch plädiert. Thilo Adam

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen