Kenia-Koalition in Sachsen: Not und Heiterkeit
Jetzt hat auch Sachsen eine Kenia-Koalition: Schwarz-Rot-Grün steht bestenfalls für Versöhnung, schlimmstenfalls nur für Machterhalt.
N icht allein wegen seiner schwarz-rot-grünen Flagge kann das afrikanische Kenia als ein Muster für deutsche Bundesländer gelten, in denen klassische Zweierkoalitionen oder gar absolute Mehrheiten einer Partei nicht mehr möglich sind. Auch die Politik einer nationalen Versöhnung in einem von ethnischer Vielfalt und kultureller Breite bestimmten Land, könnte zum Vorbild werden.
Der Not gehorchend blieb zuerst 2016 in Sachsen-Anhalt keine andere Wahl, wenn die CDU ihre Ressentiments gegenüber der Linken weiterhin kultivieren und sich andererseits an der aufstrebenden AfD nicht die Finger schmutzig machen wollte. Nach den Brandenburg-Wahlen folgte Mitte November die Kenianisierung des märkischen Sandes, allerdings unter SPD-Führung. Am heutigen Freitag besiegelt nun auch Sachsen mit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages und der Wahl von Ministerpräsident Kretschmer (CDU) seine Kenia-Variante.
Gerade diese Sachsen-Union hat mit der ungewohnten Konstellation die größten Verdauungsprobleme. Bei der Sachsenwahl am 1.September ist sie, dank Leihstimmen, mit 32,1 Prozent gerade noch so davongekommen. Fünf Prozent mehr als die Blauen – es hätte schlimmer ausgehen können. Aber einen Alarm, oder gar eine Katharsis hat diese Wahl nicht ausgelöst. Nach 29 ununterbrochenen Regierungsjahren wirken die Epigonen früherer absoluter Mehrheiten mit „König“ Kurt Biedenkopf ausgelaugt, planlos, von der AfD verunsichert und personell glanzlos aufgestellt. Es überrascht nicht, dass beim Zustimmungsparteitag zum Koalitionsvertrag die Erzkonservativen und die Werteunion das Heil in der Vergangenheit und in einer Minderheitsregierung suchten. Der interne Unionskonflikt könnte wie im üblen Beispiel Sachsen-Anhalt auch in Dresden künftig für Sprengstoff sorgen.
Geradezu unverschämt heiter präsentiert sich hingegen der noch größere Wahlverlierer SPD. Du hast keine Chance, also nutze sie, scheint das Motto der 7,7-Prozent-Partei zu sein. Ob Regierungspartei oder Opposition, es geht ohnehin bergab. Also wenigstens noch mal für fünf Jahre mitmischen.
Die Grünen als in Sachsen bescheidener Aufsteiger haben mit der schwarz-grünen Liaison jetzt weit weniger Bauchschmerzen als bei den Vorwahlspielen 2014. Sie haben dieser nicht mehr unbezwingbaren CDU viel abgerungen und sich ihrerseits konziliant gezeigt. Ob die beiden SpitzenkandidatInnen Katja Meier und Wolfram Günther allerdings ministrables Format mitbringen, wird sich zeigen, nachdem sie ihre Chance bekommen haben.
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