das portrait
: Die Weitspringerin Malaika Mihambo ist Deutschlands Sportlerin des Jahres

Foto: Patrick Seeger/dpa

Es wäre vermessen, an dieser Stelle erklären zu wollen, wie Malaika Mihambo wirklich ist. Mihambo selbst ist dieser Frage regelmäßig auf der Spur. Im Spätsommer erzählte die 25-Jährige, etwas besser kennengelernt habe sie sich im März, als sie mit dem Rucksack allein in Indien unterwegs war, um zu wandern, zu meditieren und Yoga zu machen.

Wie gut die Weitspringerin ist, das kann man indes recht genau vermessen. Am Sonntag wurde sie im Kurhaus von Baden-Baden, beim Stelldichein des Sportadels in diesem Lande, mit großem Abstand zur Sportlerin des Jahres gewählt. Überraschend war das gewiss nicht. Man könnte fast behaupten: Es gab eigentlich keine andere Wahl.

Allein die sportliche Entwicklung in diesem Jahr, die mit dem Gewinn der Goldmedaille bei der Weltmeisterschaft in Doha endete, ist unvergleichlich. In Katars Hauptstadt war die Heidelbergerin mit 7,30 Meter so weit wie noch nie gesprungen. Nur zwei Zentimeter weiter sind die jeweiligen Pfosten eines Fußballtores voneinander entfernt. Unter den deutschen Leichtathletinnen hat nur die Weitsprungikone Heike Drechsler einen weiteren Satz vollbracht (7,48 Meter). Doch schon vor der WM hatte sie in diesem Jahr dreimal die magische 7-Meter-Marke, welche die absolute Weltklasse von den sehr guten Springerinnen trennt, überquert.

Ihr Trainer Ralf Weber, der Mihambo bereits als 11-Jährige betreute, sagt über sie: „Es gibt Sportlerinnen und Sportler, die sind extrovertiert, haben aber wenig Erfolg. Bei Malaika ist das umgekehrt.“

Schüchtern ist sie allerdings keineswegs. Sie zählt zu den nicht gerade zahlreichen Athletinnen und Athleten, die klare Positionen formulieren. Sie kritisierte etwa die Vergabe der Leichtathletik-Weltmeisterschaft nach Katar als „fragwürdig“ und sagte: „Ich finde, die sozialen, politischen und Umweltaspekte sollen bei der Vergabe mit einbezogen werden.“

Und Mihambo, deren Vater aus Sansibar stammt, berichtete unverblümt von ihren verletzenden Rassismuserfahrungen in Deutschland. Die Läuse wurden in der Schule von der Elternschaft bei ihr vermutet und als sich das als falsch herausstellte, hieß es: Nicht einmal die Läuse wollen zu ihr.

Mihambo musste früh lernen, mit Anfeindungen zurechtzukommen. Sie hat dabei die Fähigkeit entwickelt, sich auf ihre Stärken zu konzentrieren. Ein Politikstudium hat sie bereits absolviert, derzeit studiert sie an der Fernuni Hagen Umweltwissenschaften. Für die Mannheimer Sozialorganisation Starkmacher e. V. hat sie zudem ein Projekt initiiert. „Sich darüber hinaus zu engagieren gibt Sport eine zusätzliche Bedeutung“, sagt sie einmal der FAZ.

Wie man all das neben dem Leistungssport bewältigt? Mihambo sagt: „Letztendlich ist es immer eine Frage der Priorisierung: Ich stelle mir Wochenziele und versuche diese zu ­erreichen.“ Nach ihrem großen WM-Erfolg hat sie übrigens wieder allein einen Rucksack­urlaub in Thailand gemacht. Dabei wäre sie in etlichen TV-Studios gewiss willkommen ­gewesen. Johannes Kopp