: Das Buch zur Tasche
Norddeutsche Verlage zelebrieren in Wort und Bild das Skurrile
Von Joachim Göres
Haben aufwendig gestaltete Bücher und Fotobände mit speziellen Themen eine Zukunft – oder wird solches angesichts kleiner Auflagen und hoher Druckkosten künftig nur noch digital verbreitet?
Auf der vom Literaturhaus Hannover kürzlich veranstalteten „Buchlust“-Messe konnte man an den Ständen 25 unabhängiger deutschsprachiger Verlage jedenfalls diverse Bildbände, Kunstbücher und bibliophile Kostbarkeiten bestaunen. Nicht wenige unter ihnen werden wegen ihrer liebevollen Aufmachung sicher den Weg unter den Weihnachtsbaum finden – trotz des mitunter deftigen Preises.
Der Göttinger Steidl-Verlag etwa ist bekannt für seine Foto- und Kunstbücher, die in Zusammenarbeit mit renommierten Künstlern entstehen. Vom Fotografen Juergen Teller, der meist Models ablichtet, ist zum Beispiel ein Band über die „stille Begleiterin“ der Frauen erschienen: die Handtasche. 600 Farbfotografien sind im Band „Handbags“ zu sehen. Darin wird die Handtasche von ihrer Trägerin immer wieder neu in Szene gesetzt, nicht selten unfreiwillig komisch.
Einen recht speziellen Humor braucht man auch, um sich an den 163 Fotos geparkter Autos zu erfreuen, die Christian Lesemann in dem Bildband „Parked“ versammelt.
Einen dicken Wälzer hat gerade der Wehrhahn-Verlag aus Hannover mit dem fast 1.000 Seiten starken Band „Heimat, schöne Fremde“ von Oskar Ansull herausgebracht. Darin hat der Autor zusammengetragen, welche Kulturschaffenden in Celle und Umgebung ihre Spuren hinterlassen haben. Dabei trifft der Leser nicht nur auf Heimatdichter wie Hermann Löns, sondern auch auf kritische Geister wie Ludwig Hölty, Jean Améry, Arno Schmidt und George Tabori.
„Nur“ 462 Seiten zählt der Band „Ach, hört mit Furcht und Grauen. Mein Brevier der schönsten Balladen“, der im Zu-Klampen-Verlag erschien. Bariton Thomas Quasthoff präsentiert darin seine Lieblingsballaden und ihre Geschichten.
Eine besondere Rolle spielt die Buchgestaltung auch bei Graphic Novels. Gelungen ist der Band „Es steht geschrieben“ von Vitali Konstantinov aus dem Hildesheimer Gerstenberg-Verlag. Auf 80 Seiten geht es darin um die Entstehung von Keilschrift, Hieroglyphen und weiterer Schriften.
Zu ihrem Lieblingsaussteller hat die Besucher der „Buchlust“ übrigens den Berliner Guggolz-Verlag gewählt. Er ediert Übersetzungen aus Ost- und Nordeuropa von hier wenig bekannten Autoren. In Hannover präsentierte Guggolz das 600-Seiten-Werk „Ein Flüchtling kreuzt seine Spur“ des Norwegers Aksel Sandemose. Es ist ein Gesellschaftsroman des ländlichen Nordeuropas Anfang des 20. Jahrhunderts.
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