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Rainer Schäfer Radikale WeineEs muss nicht immer lecker schmecken

Walis 2017, 35 Euro, Bezug über www.forgeurac.com

Mehr als 50 verschiedene Weine wurden an dieser Stelle vorgestellt. Dies ist nach über fünf Jahren nun die letzte Folge der Kolumne, sie widmet sich zwei Winzern, für die das Leitmotiv „Radikale Weine“ wie gemacht ist: Uwe Lange und Marco Pfliehinger erzeugen kompromisslose, äußerst eigenständige Spätburgunder.

Das eigenwillige Duo betreibt sein Weingut Forgeurac im badischen St. Leon-Rot erst seit 2015. Ihr Keller ist in der alten Dorfschmiede untergebracht, davon leitet sich der Name ab: Schmiede heißt im Französischen forge. Der frankophile Name ist auch eine Referenz an das Burgund und seine berühmten Pinot Noirs. Die sind ein Ideal, nach dem sich viele deutsche Winzer strecken. In den meisten Fällen vergebens.

Lange, Jahrgang 1973, kam über Umwege zum Wein, er arbeitete jahrelang als Musikdozent und Bassist. Mit 30 begann er eine Lehre zum Winzer und studierte in Geisenheim Weinbau, dort traf er auf Marco Pfliehinger, Jahrgang 1972, Doktorand an der Hochschule und Boden-Experte. Gemeinsam wuchs die Idee, „deutsche Terroirweine zu erzeugen“: Die sollten auf Kalkböden mit hohem Eisenanteil wachsen – wie an der Côte d’Or im Burgund.

Inzwischen bewirtschaftet Forgeurac 2,5 Hektar Weinberge an drei Standorten – im Kraichgau, im Bühlertal und im Markgräflerland – nach biodynamischen Methoden. Manchmal treffen sich die Winzer schon morgens um vier, um Präparate wie Hornkiesel – ein zu Pulver zermahlener Bergkristall, der in ein Kuhhorn gefüllt wird – anzurühren und zu dynamisieren. „Ich mag das Erwachen der Welt“, sagt Uwe Lange, „wenn es langsam hell wird.“ Bewusst verzichten die Winzer auf Maschinen im Weinberg und im Keller, die Trauben werden auf einer alten Korbkelter gepresst, spontan vergoren, in gebrauchten Fässern ausgebaut und unfiltriert mit minimalem Schwefelzusatz gefüllt.

Eine auf das Allernötigste reduzierte, nahezu archaische Art der Weinwerdung, die den Charakter der Lagen unverfälscht zeigen soll. Es gehe nicht darum, dass ihre Weine „lecker schmecken müssen“, sagt Lange. Sie sind puristisch kodiert und ein wenig geheimnisvoll.

Der Spätburgunder Walis Jahrgang 2017 von Trauben aus dem Markgräflerland riecht verhalten nach roten Beeren, Leder und Boden. Im Mund zeigt er eine leichte Herbe von feinen Gerbstoffen, ausgewogene Säure, innere Spannung und eine unaufgeregte Kalk-Mineralik. Die Weine von Forgeurac sind auch bei Winzern im Burgund gefragt, die gerne ihre Pinot Noirs gegen diese Spätburgunder tauschen. Und das ist ziemlich ungewöhnlich.

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